Serum-Uromodulin
Das Glycoprotein Uromodulin wurde 1950 von Tamm und Horsfall aus humanem Urin dargestellt. 35 Jahre später isolierten Muchmore und Decker die Substanz erneut aus dem Urin schwangerer Frauen und nannten sie „Uromodulin“. Das Protein wird ausschließlich in der Niere synthetisiert und in die Tubuli sezerniert, im aufsteigenden Schenkel der Henle-Schleife, bei Gesunden zwischen 50 und 150 mg pro Tag. Ein Teil des Uromodulins gelangt auch in den Blutkreislauf und ist unter physiologischen Bedingungen im Blut nachweisbar. Anders als im Urin liegt Uromodulin im Serum als Monomer vor, die Messergebnisse lassen sich daher leichter reproduzieren. Normwerte: Männer und Kinder 190ng/ml, Frauen 230ng/ml.
Dem Uromodulin werden mehrere Funktionen zugeschrieben. Anhand von Uromodulin-Knockout-Mäusen konnte gezeigt werden, dass es die Bildung von Nierensteinen hemmt und die Aggregation von Kalziumoxalat inhibiert – Hauptbestandteil der meisten Nierensteine. In Familien mit Mutationen des Uromodulin-Gens ist die Fähigkeit der Nieren gestört, den Primärharn zu konzentrieren, was mit Hyperurikämie, Ausbildung von Markzysten und interstitieller Fibrose einhergeht.
Die Serum-Uromodulin-Konzentration (sUmod) ist mit der glomerulären Filtrationsrate korreliert. Eine Abnahme des sUmod zeigt einen Verlust an Funktionalität und Integrität des Nierenparenchyms an. Bei chronischer Niereninsuffizienz sinkt der sUmod-Spiegel bereits in der frühen Symptom-freien Phase, das Kreatinin steigt dagegen erst bei einer Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate von über 50 % signifikant an. Die niedrigsten sUmod-Konzentrationen werden bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz (z. B. 25 ng/ml) gemessen.
Ein Absinken des sUmod weist früher als ein Anstieg des Kreatinins und des Cystatins C auf das Versagen einer transplantierten Niere hin. In einer Studie mit 91 Fällen erholte sich die sUmod-Konzentration bei Patienten mit funktionstüchtigem Transplantat innerhalb der ersten 5 bis 9 Tage nach Transplantation (Medianwert 62 ng/ml), während sie bei verzögerter Funktionalität signifikant niedriger blieb (Medianwert 21 ng/ml).
Prospektiv gesammelte Daten von mehr als 500 Patienten mit koronarer Herz-Erkrankung haben gezeigt, dass die Bestimmung des sUmod sogar eine Aussage über einen zukünftigen Funktionsverlust der Nieren erlaubt. Bei über 3.000 Patienten, die sich einer Koronar-Angiografie unterzogen, waren niedrige sUmod-Konzentrationen mit arterieller Hypertonie und Herzversagen sowie einer erhöhten Gesamtsterblichkeit assoziiert.
Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 weisen im Durchschnitt signifikant niedrigere sUmod-Konzentrationen auf als Gesunde, auch wenn sich die Einschränkung der Nierenfunktion noch nicht sichtbar manifestiert hat.
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