EuroFashion 2016 Kommentar
Betrachte Situationen von allen Seiten und Du wirst offener (Dalai Lama)
Tages-aktuelle Beflaggung und Begrüßung internationaler Gäste bei EUROIMMUN
Mercedes-Benz hatte in einer Werbeanzeige den Dalai Lama zitiert: „Betrachte Situationen von allen Seiten und Du wirst offener.“ Ein Satz, den Kritiker meiner Veröffentlichungen beherzigen sollten. Aus Sicht der Pekinger Führung vertritt der Dalai Lama eine separatistische Bewegung des 1950 von China annektierten Tibet. Die kommunistische Parteizeitung warf dem deutschen Autobauer in einem Kommentar vor, sich mit dem Zitat „zum Feind des chinesischen Volkes gemacht“ zu haben. Es folgten ein öffentlicher Sturm der Entrüstung und daraufhin ein ausschweifender unterwürfiger Kotau des obersten Mercedes-Vorstandes: China ist der weltweit größte Einzelmarkt dieses Unternehmens. Angesichts der zunehmenden Machtfülle des Parteiführers würde ein einfacher Chinese bald wegen so eines Zitats für ein paar Jahre im Gefängnis landen.
Ich selber bin in der DDR aufgewachsen und habe die Diktatur des Proletariats hautnah erlebt, mit Indoktrination, Zensur und Verdrehung der Wahrheit. Meine Familie ist davor in die Freiheit nach Westdeutschland geflüchtet. Solange ich lebe, werde ich mich dafür einsetzen, dass jeder Bürger in Deutschland seine Meinung sagen darf, ob es angepassten Jasagern gefällt oder nicht. Dass ich mich einem Diktat blinder Moralapostel nicht unterwerfe, dafür musste ich in den letzten Jahren eine Menge bösartige Anschuldigungen einstecken.
Ich hätte mich bei einer Modenschau in unserem Görlitzer Kaufhaus vor zwei Jahren (Eurofashion Award) abfällig gegenüber Iranerinnen geäußert: Jeder der dabei war und aufmerksam zugehört hat, stimmt mir zu, dass das aus der Luft gegriffen ist und mir zu Unrecht in den Mund gelegt wurde: Ich zeige bei der Eröffnung ein Bild mit schwarz verhüllten Frauen und bringe auf meine Weise zum Ausdruck, dass diese unserer Unterstützung bedürfen. Zuvor war ich gerade im Iran und habe einige Laborinstitute besucht, dort sind mir die hilfesuchenden Blicke der Laborantinnen aufgefallen, in denen sich die Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit deutlich ausdrückte – vielleicht kann dieser Mann etwas für uns tun! Bei der Modenschau sage ich, wie immer humorvoll, dass die englische Königin von der vielfältigen Eurofashion-Mode mehr profitieren würde als diese hübschen, einheitlich schwarz gekleideten Mädchen auf einem Foto aus Isfahan, da die Queen jeden Tag ein neues Kleid braucht. Das wurde dann von ein paar Einfaltspinseln so ausgelegt, als hätte ich mich gegenüber den Iranerinnen despektierlich geäußert und ich wolle sie nicht in unserem Kaufhaus sehen. So dumm sind die Menschen, die Zeitungen und das Internet.
Meinen Exkurs hätte man wenigstens als Anspielung auf die Verwerflichkeit einer Tradition verstehen sollen, in der Männer ihre Frauen unter dem Vorwand der Religion als Sklaven betrachten und ihr „Eigentum “ auf diese Weise vor männlicher Konkurrenz zu verbergen suchen. Meinen Enkelinnen will ich diese Schmach ersparen. Und nirgendwo werden Sie eine Organisation finden, wo Frauen respektvoller behandelt und weniger diskriminiert werden als in den von mir geleiteten Unternehmen. Sie werden keine weltoffenere und menschenfreundlichere Person finden als mich. In meinen Betrieben arbeiten friedlich 3.000 Leute zusammen, Angehörige über 30 verschiedener Nationen, die sich gegenseitig uneingeschränkt respektieren und schätzen, gleich welcher Hautfarbe. Und jedem lasse ich in politischen Dingen seine Meinung, er kann sie frei äußern.
Winfried Stöcker, im April 2018