Das Unternehmen ›Euroimmun‹ ist ein führendes Unternehmen im Bereich medizinische Labordiagnostik und wurde 1987 von Prof. Dr. Winfried Stöcker gegründet. Der unerschrockene Vorzeigeunternehmer hat viel Interessantes zu erzählen.
Herr Prof. Dr. Stöcker, Ihr Unternehmen Euroimmun ist eigentlich ein noch junges Unternehmen, das Sie 1987 gegründet haben. Was hat Sie dazu bewogen, das Abenteuer ›Selbstständigkeit‹ zu wagen?
Prof. Dr. Winfried Stöcker: Im Laufe meiner Ausbildung zum Arzt für Laboratoriumsmedizin und auch danach habe ich einige nützliche Techniken erfunden, mit denen man die Immunitätslage eines Organismus überprüfen kann. Wir untersuchen Antikörper im Blut. Fällt ein Test positiv aus, hat man gezeigt, dass die entsprechende Infektion in einem Patienten vorliegt oder dass er sich früher damit auseinandergesetzt hat. Man untersucht Antikörper auch bei allergischen Erkrankungen oder bei Autoimmunkrankheiten. Für die Analytik der Antikörper habe ich neue technische Lösungen erdacht und deren wirtschaftlichen Nutzen vorausgesehen. Meine Karriere an der Universität habe ich damals erst einmal aufgegeben und 1987 die Firma Euroimmun gegründet, um meinen Erfindungen zum erhofften Durchbruch zu verhelfen.
Euroimmun ist ein hochinnovatives Unternehmen. Insbesondere die sogenannten ›Biochips‹ sind eine Spezialität Ihres Unternehmens. Was verbirgt sich dahinter?
Prof. Stöcker: Die ›Biochips‹ gehören zu meinen ersten Erfindungen. Man benötigt für die Diagnostik vieler Autoantikörper Gewebeschnitte gefrorener Organe oder kultivierte Zellen. Sie werden auf dünnes Glas aufgebracht, das danach zusammen mit dem biologischen Material in kleine Fragmente unterteilt wird (Biochips). Diese werden auf Objektträger geklebt. Im Diagnostiklabor wird dann die Oberfläche der Biochips mit dem Serum von Patienten in Kontakt gebracht. Liegen zum Beispiel Antikörper gegen die Zellkerne vor, dann färben sich die entsprechenden Strukturen des Gewebes an, was sich mikroskopisch darstellen lässt. Nach diesem Prinzip kann man den größten Teil der Autoimmunkrankheiten diagnostizieren. Fast jedes Organ kann Ziel der Autoaggression werden. Man kann Biochips aus unterschiedlichen Strukturen nebeneinander auf ein Feld kleben. Indem man so ein Mosaik dann mit einem einzigen Tropfen verdünnten Patientenserums inkubiert, kann man auf einen Schlag eine Vielzahl verschiedener Antikörper identifizieren.
Hatten Sie diese staunenswerte Idee, so etwas umzusetzen oder gab es ein Patent, das Sie aufkauften?
Prof. Stöcker: Diese Erfindung der Biochips stammt von mir persönlich. Ich habe sie 1983 zum Patent angemeldet. Daneben habe ich in der Anfangszeit auch noch mehrere Inkubationstechniken und Pipettierverfahren patentieren lassen. Heute werden unter meiner Leitung jedes Jahr mehrere Patente angemeldet, aber auch sehr viele wissenschaftliche Publikationen eingereicht.
Das Wachstum Ihres Unternehmens ist überwältigend. Bekommen Sie eigentlich genug qualifizierte Leute, um weiterhin auf diesem Level zu wachsen?
Prof. Stöcker: Wir haben in Lübeck nicht nur eine Universität und eine Fachhochschule, sondern auch eine ausgezeichnete Berufsschule, und wir werden mit Personal bis jetzt gut versorgt. Da wir allerdings unser Volumen alle fünf Jahre verdoppeln, wird der Personalnachschub aus Lübeck bald nicht mehr ausreichen. Wir werden uns zukünftig in Mecklenburg-Vorpommern und vor allem in Sachsen weiter ausdehnen.
Das Thema ›Impfen‹ ist ein weltweiter Dauerbrenner. Die Zahl der Impfverweigerer wächst, da in Impfstoffen Substanzen, wie etwa Aluminium, vermutet werden, die dem Menschen mehr schaden, als nützen. Sind die Sorgen der Impfgegner berechtigt?
Prof. Stöcker: Was das Impfen betrifft, stellen wir Reagenzien her, mit denen man den Impferfolg kontrollieren kann. Ich plädiere dafür, dass Infektionskrankheiten prophylaktisch mit Schutzimpfungen bekämpft werden, wo immer es möglich ist. Impfprogramme setzen voraus, dass sich möglichst viele Menschen beteiligen. Sie schützen sich mit der Impfung ja nicht nur selber, sondern sie helfen, dass sich die entsprechenden Infektionen nicht weiter ausbreiten. Nur Personen mit erhöhtem Impfrisiko sollten außen vor bleiben. Selten zeigen die Impfungen relevante Nebenwirkungen, insgesamt überwiegen aber die Vorteile der Impfungen deutlich, weshalb eine konsequente Durchimpfung der gesamten Bevölkerung – wie es vormals in der DDR durchgeführt wurde – wünschenswert ist.
Wie steht es mit Ebola? Es wurde hysterisch vor einer unkontrollierten Pandemie gewahrt, die Millionen Tote zur Folge haben könnte. Impfgegner werfen der Pharmaindustrie vor, solche Krankheiten für Ihre Zwecke auszunutzen, um, wie bei der Vogelgrippe, ihren Umsatz satt zu steigern. Vereinzelt ist sogar zu hören, dass die Krankheiten aus diesen Kreisen absichtlich verbreitet werden. Was sagen Sie zu diesen schweren Vorwürfen an die Pharmaindustrie?
Prof. Stöcker: Ebola ist eine äußerst gefährliche Erkrankung, die zwar bislang, gemessen an der Sterbestatistik, nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat, der man sich aber mit allergrößter Vorsicht annehmen muss. Ganz bestimmt hat die Pharmaindustrie nicht dazu beigetragen, die Krankheit zu verbreiten. Die Firma Euroimmun hat innerhalb weniger Wochen Entwicklungszeit Reagenzien geschaffen, mit denen man Ebola schnell diagnostizieren kann, sie werden in Afrika erprobt.
Schon vor längerer Zeit wurde die DNA-Sequenz des Menschen vollständig entschlüsselt. Rein theoretisch wäre es möglich, mit diesem Wissen nach der Quelle der Hochbegabung zu suchen und Eltern zu kleinen Einsteins oder Lise Meitners zu verhelfen. Fluch oder Segen?
Prof. Stöcker: Ich halte es für durchaus möglich, dass man aufgrund der Kenntnis der DNA-Sequenz eines Menschen oder Tieres Selektion betreiben kann. Es ist sogar wünschenswert, wo man dadurch die Ausbildung schwerwiegender Krankheiten vermeiden kann. Ich gehe davon aus, dass irgendwann solcher Fortschritt in manchen Ländern genutzt werden wird, um Phänotypen mit bestimmten positiven Eigenschaften zu erzeugen. Das ist vielleicht ein zwangsläufiger neuer Schritt der Evolution, man wird die Bedenkenträger nicht lange fragen. Ich habe zum Glück nicht darüber zu entscheiden.
Ihr Unternehmen ist mittlerweile auf der ganzen Welt zuhause. Zwischen verschiedenen Staaten werden Freihandelsabkommen geschlossen, damit die Handelsbeziehungen noch enger werden. Der Autor Erik S. Reinert ist in seinem Buch ›Warum manche Länder reich und andere arm sind‹ zum Ergebnis gekommen, dass Freihandel nur unter wirtschaftlich ebenbürtigen Partnern von Vorteil ist. Hingegen werden schwächere Länder durch den Wegfall der Zölle recht schnell ihrer Industrie beraubt. Was sagen Sie dazu aus der Sicht Ihrer Erfahrung?
Prof. Stöcker: Freier Handel zwischen den verschiedenen Ländern ist immer nützlich für uns. Euroimmun liefert seine Produkte nicht nur an reiche Länder, sondern auch an arme. Wir haben zum Beispiel vor 20 Jahren angefangen, uns in China zu etablieren. Damals konnte man das Land noch nicht als reich bezeichnen. Aber hier hat sich gezeigt, dass man einen leistungsschwachen Markt entwickeln kann, indem man ihn erst einmal subventioniert und die Kunden unterstützt. Wir haben sie in unseren Schulungszentren eingearbeitet, ihnen Reagenzien zu günstigen Konditionen verkauft und dazu beigetragen, dass sie Schritt für Schritt mit etablierten Ländern gleichziehen konnten. Heute ist China unser stärkster Markt. Genauso haben wir auch die Laboratorien in Ostdeutschland gleich nach der Wende subventioniert und sie in die Lage versetzt, mit dem Westen gleichzuziehen. Je weniger Zollschranken es gibt, desto besser.
Früher gab es zwischen den deutschen Kleinstaaten einen regelrechten Wohlstands-Wettbewerb. Ob Bildung, Ernährung oder Wohnqualität, jeder Herrscher wollte den deutschen Nachbarländern zeigen, dass es seinen Bürgern am besten geht. Anders in der EU. Hier sieht man jede Menge Elend, Millionen verzweifelte Menschen ohne Arbeit, Bürger, die irre Steuerlasten zu schultern haben und die zu allem Überfluss befürchten müssen, dass ein Krieg im Nachbarland Ukraine, den nicht zuletzt EU-Akteure mitverschuldet haben, auf ihre Heimat übergreift. Sollte das Projekt EU nicht besser beendet werden?
Prof. Stöcker: Wettbewerb zwischen den Ländern ist immer eine gute Sache, deshalb können die Länder dennoch in einem gemeinsamen Gebilde wie der EU organisiert sein. Für uns bedeutet die Vereinigung der europäischen Länder eine große Vereinfachung: Die Zollschranken sind gefallen, gleichzeitig eine Menge Bürokratie. Es gibt keine Grenzen mehr, an denen man schikaniert wird. Und wir haben eine gemeinsame Währung. Der Euro für die unterschiedlich wohlhabenden Länder Europas kommt meiner Auffassung nach den Armen und den Reichen in gleicher Weise zugute. Es gibt ja zum Beispiel auch in Deutschland arme und wohlhabende Leute, die mit der gleichen Währung zahlen können.
Selbstverständliche, humanitäre Hilfe kann mittlerweile von mafiösen Banden ausgenutzt werden. Diese verdienen sich eine goldene Nase, indem sie Wirtschaftsflüchtlinge auf abenteuerlichen, lebensgefährlichen Wegen in die EU schaffen. Wer, wie Sie, sich klar und deutlich zum Missbrauch des Asylrechts äußert, wird von einem medialen Mob massiv angegriffen. Was war der Grund für diese Angriffe auf Ihre Person?
Prof. Stöcker: Flüchtlinge aus Kriegsgebieten dürfte man nicht gewissenlosen Schleusern überlassen, sondern die zivilisierten Länder müssten deren sichere Überfahrt organisieren. Die gefährlichen Schiffsreisen der Wirtschaftsflüchtlinge müssten von Polizei und Militär derjenigen Staaten unterbunden werden, wo sie an Bord gehen, gleichgültig was eine internationale, angeblich mildtätige Gesinnungsmafia dazu vermeldet. Es gibt Interessengruppen, die von solcher Asylanten-Industrie profitiert – Hunde kläffen, wenn man ihnen auf den Schwanz tritt, deshalb hat man versucht, mich zu diskreditieren. Und ein paar Provinzpolitiker der Stadt Lübeck, denen ohnehin nicht zu helfen ist, haben versucht, sich auf meine Kosten zu profilieren und Kapital aus dem vermeintlichen Skandal zu schlagen, den die SPD-Presse inszeniert hat.
Interessant ist, dass die Sie diffamierenden Zeitungen teilweise zum Medienimperium der SPD gehören. Sollte es verboten werden, dass politische Parteien an derart vielen Zeitungen sich beteiligen können?
Prof. Stöcker: Dass die SPD bei vielen Verlagen über eine konstruktive Mehrheit verfügt, halte ich für einen unhaltbaren Zustand, im Vergleich dazu waren die Parteispendenskandale der Vergangenheit Bagatellen. Die meisten Menschen durchschauen diese Unredlichkeit nicht, und die SPD kann auf diesem Wege für sich Reklame machen und die Wahlen beeinflussen. Oder sie kann ihre mediale Macht einsetzen, Stimmung gegen eine integre Persönlichkeit zu machen, die nicht nach ihrer Pfeife tanzen will, wie im meinem Fall. Ich würde es verbieten, dass politische Parteien sich an Verlagen beteiligen. Ein (einziges) Presseorgan kann jeder Partei zugestanden werden, aber die Assoziation muss deutlich offengelegt werden, jedem Leser auf jeder Ausgabe sichtbar.
Bestätigen die Flüchtlinge aus aller Herren Länder nicht indirekt, dass die Entwicklungshilfe ein Schuss in den Ofen ist? Was würden Sie hier anders machen?
Prof. Stöcker: Ich bin sicher, dass Entwicklungshilfe einen Nutzen hat. Wir sollten es als unsere Verpflichtung ansehen, die armen Länder stärker unterstützen, und ihnen vor allem beibringen, sich selber zu helfen. Und nicht ihren Repräsentanten millionenweise Dollars zuschieben, von denen sie sich dann goldene Badewannen kaufen. Es ist jedenfalls Unsinn, wenn man die fähigsten Leute aus den Entwicklungsländern abwirbt und sie auf Dauer bei uns integriert, während wir unsere Entwicklungshelfer in deren Heimat schicken, die dort eine florierende Wirtschaft aufbauen sollen.
Sie warnen davor, dass Deutschland sein Erbe verspielt, wenn weiterhin die Tore bedingungslos geöffnet werden. Sie schlagen vor, dass der Bundestag für das Treffen solch weitreichender Entscheidungen mit Zweidrittelmehrheit wie bei einer Gesetzesänderung beteiligt werden müsste, um derartige Fehlentwicklungen zu vermeiden. Der ehemalige FDP-Politiker Frank Schäffler hat jedoch bereits deutlich gemacht, dass Abgeordnete regelrecht erpresst werden, wenn sie nicht im Sinn der Partei abstimmen. Wäre es daher nicht besser, wenn die Wähler in einer Volksabstimmung festlegen, was in Deutschland in Sachen Zuzug beziehungsweise Asyl zu geschehen hat?
Prof. Stöcker: Es sollte eine Sache des Bundestages sein, festzulegen, ob Wirtschaftsflüchtlinge in unbegrenzter Zahl nach Deutschland einströmen oder Kriegsflüchtlinge ein permanentes Bleiberecht erhalten dürfen. Die Abgeordneten sollten frei und ohne Fraktionszwang entscheiden, wie es das Grundgesetz vorschreibt. Aber wenn sie bestimmen sollten: „Tore auf!“, dürften sie das nur mit einer Zweidrittelmehrheit, wie bei einer Änderung des Grundgesetzes, weil es ja um unser aller Eigentum geht, das da preisgegeben werden soll. Falls eine Volksabstimmung abgehalten würde, sollte man verhindern, dass die Zeitschriften und Medien, die sich ganz oder teilweise in der Hand der SPD befinden, in dieser Sache auf die Meinung der Bevölkerung Einfluss nehmen. Denn ihre Motivation ist klar: Nahezu alle Einwanderer, wie auch die meisten unserer türkisch-stämmigen Mitbürger, wählen die SPD. Nur mit deren Hilfe könnte sie es vielleicht noch einmal schaffen, die Unionsparteien zu überflügeln.
Religionen haben die Menschheit sehr am Fortkommen gehindert, wie die Geschichte und die Gegenwart zeigen. Sollten Religionen daher, ebenso wie alle diesbezüglichen Symbole, aus Schulen sowie Universitäten verbannt und Hetzer, egal von welcher Religion, sofort mit Predigtverbot beziehungsweise Ausweisung bestraft werden?
Prof. Stöcker: Wie Sie sagen, sollte die Religion aus dem öffentlichen Leben verbannt werden und sie sollte nur Raum in den Kirchen bekommen oder zu Hause. Weltweit würde ich solche Kirchen, in denen die Prediger ungestraft zum Morden anstiften, nach vorheriger Warnung im Wiederholungsfall dem Erdboden gleichmachen.
Die Bewegung Pegida wird mit allen Mitteln bekämpft. Die hier aktiven Menschen weisen auf eine fatale Entwicklung hin, die das Zusammenbrechen der staatlichen Ordnung zur Folge haben wird. Warum unterstützen eigentlich viel zu wenige Unternehmer und Verbände diese Aussage? Immerhin ist auch ihr Lebenswerk bedroht, wenn in zu kurzer Zeit zu viele Menschen aus einem völlig anderen Kulturkreis hierherkommen und die staatliche Ordnung zusammenbricht?
Prof. Stöcker: Wenn alle klugen Menschen zusammenhelfen und ihren Willen deutlich bekunden, werden nicht mehr Menschen aus dem Ausland zu uns kommen als wir verkraften können, dann wird unsere staatliche Ordnung auch nicht zusammenbrechen. Man darf sich nicht von dem Gesinnungsterror einschüchtern lassen.
Viele Migranten sprechen selbst in der zweiten und dritten Generation kein fließendes Deutsch. Ein klares Zeichen dafür, dass man sich mit diesem Land nicht identifizieren will. Sollten solche Leute ausgewiesen werden, um denjenigen Platz zu machen, die sich wirklich integrieren wollen?
Prof. Stöcker: Aus meiner Sicht soll man niemanden vor die Tür setzen, der schon in der zweiten oder dritten Generation bei uns lebt. Man muss solche Menschen aber ermutigen, sich zu integrieren. Falls sie in ihrer Ursprungsheimat beruflich bessere Chancen haben als bei uns, sollte man ihnen das verdeutlichen.
Aktuell bewerben Ideologen in Deutschland eine abartige sexuelle Vielfalt. Die Experimentatoren treten zudem für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein. Jeder kann dann selbst wählen, ob er arbeiten oder bei Unlust lieber die gebratenen Tauben aus der Luft pflücken will. Deutschland ein Gaga-Land?
Prof. Stöcker: Man sollte nicht das Abartige immer wieder in den Vordergrund stellen, sondern das Normale. Und wer nichts arbeitet, soll auch nichts essen, jedenfalls nicht leben wie im Schlaraffenland.
Wer das Abenteuer ›Familie mit Kindern‹ gewählt hat, wird zwar zunächst gefördert und unterstützt, fällt jedoch spätestens dann wieder in den alten Status – inklusive Lohnsteuerklasse eins – zurück, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Wäre es nicht sinnvoll, die Elternrolle später wenigstens über eine günstige Steuerklasse zu würdigen?
Prof. Stöcker: Ich habe bei meinen sechs Kindern nicht nach Steuervorteilen gefragt, sondern sie sind einfach eines nach dem anderen gekommen. Meine Rente ist mir sicher.
Sie betreiben als einer der wenigen Unternehmer eigene Kindergärten. Ihre Firma Euroimmun bietet Platz für über 150 Kinder. Sie lassen sogar die schulpflichtigen Kinder von einem Fahrer aus der Schule abholen und in einen Hort bringen. Wie könnten andere Unternehmer motiviert werden, es Ihnen gleichzutun? Gibt es Zahlen beziehungsweise weitere Argumente, die Ihr Modell als Win-Win-Modell ausweisen?
Prof. Stöcker: Ein guter Teil unseres Geschäftserfolgs beruht darauf, dass unsere hochqualifizierten Kollegen nur wenige Monate lang aus dem Arbeitsbetrieb ausscheiden, wenn sie Kinder bekommen. Wir können jedem Unternehmen nur empfehlen, sich dieses Modell zu eigen zu machen. Kleinere Unternehmen können sich mit anderen zusammenschließen, um so etwas zu organisieren. Sie machen die Eltern glücklich – und deren Wohl liegt einem guten Unternehmer genauso am Herzen wie das eigene.
Wer das Lebensmodell der Selbstständigkeit wählt, erlebt in Deutschland keine Willkommenskultur. Während Asylanten hingebungsvoll durch den deutschen Behördendschungel geführt werden, um an die Honigtöpfe des Sozialstaats zu gelangen, muss der Selbstständige unverschämteste Krankenkassenbeiträge aufbringen, wird von der IHK zur Zahlung eines Zwangsbeitrags aufgefordert und darf an die GEZ für das beruflich genutzte Privatauto erneut die bereits bezahlte Rundfunkgebühr entrichten. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Prof. Stöcker: Nicht nur die Unternehmer, sondern auch alle andern müssen Steuern und Gebühren für alles Mögliche zahlen, und sie werden von mancher Behörde gemaßregelt, bevormundet und drangsaliert. Da wünsche ich mir als Selbstständiger keine Sonderregelung. Aber ich wünsche mir, dass wir von den Protagonisten des Amtsschimmels so viele wie möglich auf den Mond schießen. Den Behörden-Irrsinn abzuschaffen ist eine Sisyphus-Aufgabe.
Innovative Unternehmen wie Euroimmun benötigen viel Personal mit Universitätsabschluss. Können Sie feststellen, dass das Wissen darunter gelitten hat, nachdem man die Unis auf Master- und Bachelor-Abschlüsse umstellte?
Prof. Stöcker: Wir haben in den letzten Jahren so viele hochkarätige Abgänger von Universitäten und Fachhochschulen aufgenommen, mit Diplom- oder Master-Abschluss, mit denen wir auf vielen Gebieten unseren Fortschritt gestaltet haben. Ein großer Teil der Ausbildung findet im eigenen Unternehmen statt – wir kommen gut zurecht.
Sie haben viele Jahre mit der Lübecker Uni zusammengearbeitet und mehrere wissenschaftliche Projekte gemeinsam verfolgt. Nun haben Sie mit dieser Universität jede Zusammenarbeit aufgekündigt und auch die Fördermittel von einer Million Euro gestrichen. Was hat das für einen Hintergrund?
Prof. Stöcker: Die finanzielle Förderung der Universität zu Lübeck haben wir eingestellt, weil ihr Präsidium eine der wichtigsten Grundregeln der Demokratie, nämlich die Meinungsfreiheit, in diesem Falle des Vorstandsvorsitzenden der Firma Euroimmun, nicht respektiert und ihn öffentlich diffamiert hat. Wir haben damit aber nicht alle Kooperationen mit der Lübecker Universität eingestellt. Viele Projekte werden fortgesetzt. Wir beteiligen uns auch weiter an der Ausbildung von Doktoranden und Master- und Bachelorstudenten. In Zukunft werden wir uns stärker in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen umsehen.
Welche Pläne haben Sie mit Euroimmun noch? Gibt es neue Produkte oder neue Märkte, die Sie demnächst angehen werden?
Prof. Stöcker: Auf dem Gebiet der Autoimmundiagnostik ist Euroimmun das weltweit führende Unternehmen, und zwar in wissenschaftlicher, technologischer und kommerzieller Hinsicht. Diese Position werden wir weiter ausbauen, aber auch die Branchen Infektionsdiagnostik, Allergologie und Humangenetik. Große Bedeutung hat unser Gerätebau erlangt, wir stellen unter vielem anderen Analysegeräte und hochleistungsfähige vollautomatische Mikroskope her, für die es weltweit keinen Vergleich gibt. Demnächst werden auch Pathologen technische Lösungen von Euroimmun angeboten bekommen, von denen sie bisher noch nicht einmal geträumt haben.
Herr Prof. Stöcker, vielen Dank für das Interview.
Quelle: Welt der Fertigung, Ausgabe 06. 2015.