Die Kunst der Fuge

In Tianjin bauen wir eine neue Fabrik. Die Fassade der beiden Gebäude wird mit Naturstein verkleidet, und zwar in diesem Falle mit einem grauen Granit, wie wir ihn in der Firma EUROIMMUN überall auf dem Fußboden verlegen.

Wenn man sich etwas umsieht, findet man bei Steinfassaden häufig Verschmutzungen im Bereich der Fugen, gleichgültig ob die Fugen mit Mörtel oder Silikon ausgefüllt sind oder ob sie offen stehen. Das kommt daher, dass sich auf den oberen Stoßkanten der Steinplatten Staub absetzt, der bei Regen herausgespült wird. Dadurch entstehen dann im Bereich der Fugen hässliche Verzierungen und zwar meistens als unregelmäßige Bordüren nach unten hin, manchmal allerdings auch diffusionsbedingt nach oben und nach den Seite.

 

 

 

 

In Tianjin probieren wir etwas Neues aus: Die Granitplatten werden schräg geschnitten, sodass sich auf der oberen Stoßkante kein Schmutz absetzen kann. Die Fugen verlaufen vom Baukörper weg schräg nach unten. Man braucht sie nicht mit Mörtel oder Silikon auszufüllen, weil der Regen nach außen abläuft. Mit der neuen Offenheit“ erreicht man auch eine gute Hinterlüftung, und es staut sich keine Nässe im Mauerwerk. Wir rechnen damit, dass die Fassade lange sauber bleibt und unser Beispiel Schule macht.

 

Weiterhin wird durch die erfindungsgemäßen Verblendsteine ein besonders einheitliches und schönes Fugenbild geschaffen. Ob der Zweck erfüllt wird, muss sich erst noch erweisen: Wir lassen zwei oder drei Jahre lang Staub, Regen und Frost einwirken und werden dann das Resultat präsentieren.

Innovationen für die Pathohistochemie

Auf dem Gebiet der Histologie besitzt EUROIMMUN eine einzigartige Kompetenz. So befasst sich der Geschäftsbereich Immunfluoreszenz des Unternehmens mit der serologischen Diagnostik von Autoantikörpern und verwendet dazu Gewebeschnitte, auf deren vollautomatische Handhabung er spezialisiert ist. Die entsprechenden Reagenzien sind weltweit im Einsatz, ihr Anteil am Gesamterlös der Firma (240 Millionen EURO im Jahr 2016) liegt bei etwa einem Drittel.

Im Vergleich dazu wird in der Pathohistochemie, einem neuen Schwerpunkt der Firma EUROIMMUN, nicht das Serum mittels Gewebeschnitten untersucht, sondern es geht um das Gewebe selbst: Die Beschaffenheit histologischer Proben und ihre Reaktivität mit definierten Antikörpern oder anderen Reagenzien werden analysiert und mikroskopisch ausgewertet.

Mit der Beherrschung der EUROTide-Inkubationstechnik und der BIOCHIP-Technologie sind wir prädestiniert, auch die Pathohistochemie zu modernisieren – oder deutlicher gesagt: zu revolutionieren. Beide sind Alleinstellungsmerkmale von EUROIMMUN. Sie werden durch ein Arsenal an Neuentwicklungen ergänzt. Wir wollen auf diesem Gebiet weltweit zum Marktführer aufsteigen, wie es uns in der Autoimmundiagnostik längst gelungen ist.

EUROPath stützt sich auf mehrere bewährte Erfindungen, an denen Mitarbeiter der Firma EUROIMMUN maßgeblich beteiligt waren: TITERPLANE-Technik, MERGITE!, EUROTide, die BIOCHIP-Technologie, die chemische Aktivierung der Objektträger-Oberfläche und computergestätzte Immunfluoreszenz-Mikroskopie (CAIFM). Außerdem kommen bei EUROPath mehrere neue Strategien zum Einsatz, darunter die vollautomatische Färbeplattform EP-Dx, die rekombinante Darstellung von Substraten zur Funktionskontrolle der Reagenzien, die EUROPath-Mikroskopie und EUROPathOffice als Spezialisierung des im serologischen Labor etablierten EUROLabOffice, die Kryptocodierung fur BIOCHIP-Glasfolien, Laser-Perforation von Objektträgern (Sollbruchstelle), das Eindecken unter Verwendung Kunstharz-vorbeschichteter Deckgläser oder mittels bei EUROIMMUN etablierter Verfahren der BIOCHIP-Bestückung.

STAND DER HISTOCHEMISCHEN TECHNIK BEI EUROIMMUN

Die erste zum Patent angemeldete Erfindung des Gründers der Firma EUROIMMUN war die TITERPLANE-Technik, bei der zwischen zwei flachen Analyseplatten histochemische oder andere Reaktionen ablaufen und die flüssigen Proben oder Reagenzien von sich gegenüberliegenden hydrophilen Reaktionsfeldern festgehalten werden: Proben oder Reagenzien werden auf
Reagenzträger pipettiert. Dann werden Objektträger mit Gewebeschnitten oder Kulturzellen von oben in Aussparungen der Reagenzträger gelegt, sodass die Substrate, die den Feldern des Reagenzträgers kongruent gegenüber liegen, mit den Tropfen in Kontakt kommen. Die Proben verlaufen nicht, eine „feuchte Kammer“ ist überflüssig. Dass die Reaktionen simultan starten, trägt zur Standardisierung der Analytik bei (1).

MERGITE! (Taucht ein!, 22) vollendet das bei TITERPLANE eingeschlagene Konzept. Die kopfüber inkubierten Objektträger werden beim Waschen nicht umgedreht, sondern, mit den Reaktionsfeldern nach unten, in ein Waschmodul. Dieses weist stalagmitenartige Säulen auf, deren plane Oberflächen den Reaktionsfeldern im Abstand von einem Drittel Millimeter gegenüberliegen. Aus der Säulenmitte quillt mit niedriger Fließrate phosphatgepufferte Kochsalzlösung, strömt laminar an den Substraten vorbei nach außen und rinnt an jeder Säule abwärts, ohne dass sich die Flüssigkeit benachbarter Proben im Reaktionsbereich miteinander vermischt. Es reichen 15 Sekunden für einen Waschschritt! Und die Oberfläche der Objektträger bleibt außerhalb der Reaktionsfelder trocken. Bechergläser, Küvetten und kilometerweise Papierhandtücher haben ausgedient! MERGITE! lässt sich auch in einen vollautomatischen Arbeitsablauf integrieren – damit hat die die Immunhistochemie ihre letzte Hürde genommen, jetzt kann sie den vielen anderen immunbiochemischen Analyseverfahren Paroli bieten.

EUROTide ist eine Weiterentwicklung der TITERPLANE-Technik: Festphasensubstrate warden auf länglichen Adhäsionsflächen eines Objektträgers angeordnet und von oben in Kontakt mit den Flüssigkeiten gebracht, die sich in – den Adhäsionsflächen genau gegenüberliegenden – flachen Rinnen eines Reagenzträgers befinden.

 

Während der Inkubation wird die Anordnung ständig einer langsamen rhythmischen Kipp-Bewegung ausgesetzt und dadurch eine kräftige Konvektion in der Flüssigkeit erzwungen, was zu einer äußerst effektiven Durchmischung der Reaktanden führt (13). Diffusionsgradienten werden permanent abgebaut und die Reaktionen laufen schneller ab und werden stärker. Ein Farbkristall braucht ohne Bewegung der Flüssigkeit mehrere Stunden, um sich aufzulösen, mit EUROTide nur wenige Sekunden. In der Autoimmundiagnostik warden mit EUROTide zehnmal höhere Titer als mit konventioneller Inkubation erzielt (28). Die Reaktionen erscheinen über die gesamte Fläche jedes Substrats einheitlich und gleichmäßig. Werden mehrere Proben separat nebeneinander untersucht, verhindert die Anordnung, dass sich die Flüssigkeiten benachbarter Proben während der Inkubation untereinander vermischen.

Dass bei TITERPLANE, EUROTide und MERGITE! die Gewebeschnitte von oben in die flüssigen Proben oder Reagenzien eintauchen, kommt der Analysequalität zugute:

  • Reagenzien oder Patientenseren sind häufig mit Kristallen, Bakterien und Schmutzpartikeln verunreinigt. Diese fallen während der Inkubation bei herkömmlicher Technik nach unten in die Gewebeschnitte, lassen sich nicht gänzlich herauswaschen und stören das mikroskopische Bild. Von der Autoimmundiagnostik kennen wir dieses Problem genau: Will man anständige Fotos ohne lästigen Hintergrund präsentieren, müssen die Gewebeschnitte bei der Inkubation von oben in die Tropfen tauchen. Am Ende hat man klare Bilder und eindeutige Ergebnisse.
  • Die Gewebeschnitte bleiben während der Inkubationen und der Waschprozeduren ohne Unterbrechung von Flüssigkeit umgeben. Dadurch werden Störeffekte vermieden, wie sie bei herkömmlicher Inkubation durch Trocknungsprozesse gelegentlich vorkommen: Die Salzkonzentration in der Restflüssigkeit steigt an – teilweise extrem – und die Zellen oder das Gewebe werden osmotisch ausgelaugt, sodass ihr Inhalt teilweise an die Umgebung abgegeben wird. Oder es bilden sich Salzkristalle, die die Morphologie beeinträchtigen.
  • Schließlich kann es passieren, dass das Gewebe  bei herkömmlicher Inkubation durch Oberflächenspannung gequetscht wird oder sich störende Partikel auflagern, wenn sich die Oberfläche der Flüssigkeit ins Gewebe absenkt. Etwas Ähnliches kann man beim Teetrinken beobachten: Oft wird das Getränk von einem hauchdünnen Film überzogen, der an der Innenwand der Tasse hängenbleibt, wenn man sie kippt. Die Ablagerung lässt sich nicht ohne weiteres abwaschen, man kann sie nur mechanisch entfernen, was sich in der Immunhistochemie verbietet.

Die Erfindung der BIOCHIPs bildete die Geschäftsgrundlage für das im Jahre 1987 gegründete Unternehmen EUROIMMUN (Stöcker, 3, 7 und 10). BIOCHIPs werden in der Autoimmundiagnostik eingesetzt. Die BIOCHIP-Technologie ermöglicht eine effiziente Produktion von Substraten für die indirekte Immunfluoreszenz. Sie eignet sich aber auch für die Diagnostik im pathohistochemischen Labor: Gewebeschnitte werden auf dünne Glasfolien aufgebracht und dann, zusammen mit dem Glas, herausgetrennt – im Ganzen oder in Fragmenten (BIOCHIPs). Die Fragmente werden auf BIOCHIP-Carrier geklebt.

Die heute in jedem pathohistochemischen Labor übliche chemische Aktivierung der Glasoberfläche geht auf eine weitere EUROIMMUN-Erfindung zurück (4): Die Gewebeschnitte werden über kovalente Brücken chemisch im Glas verankert, damit sie hundertfach fester anhaften – sie schwimmen bei den Inkubationen nicht mehr ab und die Strukturen bleiben besser erhalten. Für die Massenproduktion unterziehen wir heute Objektträger einer Plasmabehandlung und koppeln verschiedene Agentien kovalent an die Glasoberfläche.

Zu den EUROIMMUN-Innovationen zählen die LED-bestückten kalibrierten Lichtquellen für die Fluoreszenzmikroskopie (9), mit denen das Unternehmen bereits tausende von Zeiss-Mikroskopen ausgerüstet und auf dem Weltmarkt verteilt hat. Sie haben großenteils die Quecksilberdampflampen abgelöst, weil sie billiger sind und 40.000 anstelle 100 Stunden durchhalten. Sie emittieren keine UV-Strahlung, entwickeln kaum, sind regelbar und kosten nur wenige Cent, nicht hundert Euro.

Bisher hat man für das automatische Mikroskop beim Fokussieren auf die Bildebene Bild für Bild von Fluoreszenz-Anregung auf Weißlicht umgeschaltet, um ein Ausbleichen des Fluorochroms zu verhindern (11, 14). Heute dauert das Scharfstellen nur den Bruchteil einer Sekunde und man kommt mit extrem wenig Licht aus, sodas man auf diese Finesse verzichten kann.

Die computergestützte Immunfluoreszenz-Mikroskopie (CAIFM) ist ein anderer wichtiger Beitrag der Firma EUROIMMUN zur Diagnostik der Autoimmun- und Infektionskrankheiten: Die inkubierten Objektträger werden aus einem Magazin mit 50 oder 100 Zehn-Feld-Objektträgern nacheinander unter das Objektiv eines Mikroskops transportiert, die Bilder digital erfasst und durch eine Mustererkennungs-Software automatisch ausgewertet. Wahlweise kann der Untersucher das Mikroskop von seinem Schreibtisch aus interaktiv steuern und die Reaktionen am Bildschirm bewerten; er muss sich nicht zum Mikroskop begeben und es bedarf keiner Dunkelkammer mehr (12)

Zur genauen Identifikation jedes einzelnen der zu untersuchenden Objektträger und zur Beschreibung vieler für die Analytik wichtiger Eigenschaften, wie Sorte, Charge, Haltbarkeit und weitere Eigenschaften, werden sie mit einem spezifischen Code versehen (15). Wo die Objektträger noch visuell ausgewertet werden, können die Ergebnisse durch ein System der Spracherkennung oder über Tastaturkürzel protokolliert werden (16).

In der Mikroskopier-Technik hat EUROIMMUN in jüngster Zeit enorme Fortschritte erzielt, die auch in der Pathologie genutzt werden können (17, 18, 25). Zusammen mit Prof. Thomas Martinetz von der Universität Lübeck und seinen Kollegen wurde das weltweit für die Autoimmundiagnostik beste automatische Mikroskop entwickelt, das einen rasanten Absatz findet.

BESCHREIBUNG DER EUROPATH-TECHNOLOGIE

EUROPath-Reagenzträger und EUROTide

Im Vordergrund der EUROPath-Technologie stehen die EUROTide-Funktion und die BIOCHIP- basierte Handhabung der Gewebeschnitte für die Histochemie.

Der EUROPath-Reagenzträger weist einen flachen Boden auf. Durch das Auflegen eines Objektträgers (mit den Gewebeschnitten nach unten) entsteht eine Inkubationskammer, die nach außen hin weitgehend abgeschlossen ist und keine nennenswerte Verdunstung zulässt. Ständiges Kippen erzeugt permanent eine starke Konvektion (EUROTide: abwechselnd Ebbe und Flut). Dadurch werden die Reaktionen beschleunigt, die Signale verstärkt und die Inkubationszeit verkürzt. Der Reagenzienverbrauch sinkt auf ein Drittel (26)!

Die erzwungene Konvektion bei EUROTide beschert den Pathologen hervorragende Färbeergebnisse. Die Anordnung erfordert für die Inkubation keine umständliche Überschichtung der Objektträger mit Öl (Beim System der Firma Roche/Ventana will man dadurch erreichen, dass die Flüssigkeit nicht wegtrocknet, während man mit einem Luftstrahl Wellen auslöst, um etwas Bewegung in den Ansatz zu bekommen.).

Reagenzträger und Objektträger bleiben von Beginn der Inkubation an bis zum letzten Waschschritt vereinigt, der Inkubationsraum aber über Kanäle zugänglich. Zum Waschen wird zeitsparend Flüssigkeit im schnellen Wechsel zugegeben und abgesaugt. EUROPath-Reagenzträger sind temperaturstabil bis 110 ˚ C, resistent gegen Farbstoffe und Lösungsmittel und leicht zu reinigen.

In den EUROTide-Analyseablauf können sowohl BIOCHIP-Carrier als auch normale Standard-Objektträger mit konventionell angefertigten, beliebig großen Gewebeschnitten integriert werden

BIOCHIPs

Die BIOCHIP-Technologie bietet die Option der Fokussierung auf die diagnostisch relevanten Anteile der histologischen Proben: Gewebeschnitte werden auf Glasfolien aufgezogen und in diesem Verbund zu BIOCHIPs fragmentiert. Nur diejenigen Strukturen, die für die Untersuchung wichtig sind, werden aus den Gewebeschnitten herausgetrennt, und dann nach dem EUROTide-Prinzip inkubiert.

Es wird nur so viel Gewebe untersucht, wie erforderlich, man spart Platz und Reagenzien, und muss am Mikroskop nichts Überflüssiges begutachten – Ballast, mit dem nur Zeit verschwendet wird. Es können volle große Gewebeschnitte analysiert werden, aber auch beliebig kleine.

Heute verfügt EUROIMMUN über verschiedene Geräte zur optischen Erfassung der Gewebestrukturen (Scanner) sowie vollautomatische BIOCHIP-Fragmentier- und Bestückungsmaschinen aus eigener Entwicklung und eigenem Maschinenbau (29).

Steht von einer Biopsie nur wenig Gewebe zur Verfügung, kann sie zunächst gänzlich zu Gewebeschnitten aufgearbeitet werden, und man bringt sie auf Glasfolie auf. Danach wird das Gewebe zusammen mit der Glasfolie zu BIOCHIPs fragmentiert und auf Objektträger geklebt, und zwar so, dass man möglichst viele Einzelsubstrate mit den relevanten Strukturen erhält. Übrige beschichtete Glasfolien werden im Ganzen oder als BIOCHIPs in Tüten versiegelt oder in Blistern verpackt und kryokonserviert, portionsweise oder einzeln.

Um Gewebe-Arrays herzustellen, wird jede Gewebeprobe für sich allein geschnitten und zu BIOCHIPs verarbeitet, aus denen BIOCHIP-Mosaike zusammengesetzt werden. Aus kleinsten Biopsien erhält man ein Maximum an nutzbarem Substrat – ein Vorteil, wenn das Gewebe knapp ist. Enthält das Gewebe vereinzelte Nester mit den interessierenden Strukturen, können diese herausseziert und sich am Mikroskop auf das Wesentliche konzentriert werden.

Nur perfekte BIOCHIPs werden eingesetzt, und jedes Mosaik ist qualitativ vollkommen – ein großer Vorteil gegenüber herkömmlichen „Mortadella- Präparaten“, bei denen in Paraffinblöcken zusammengefasste Gewebestückchen mit dem Mikrotom geschnitten werden (Poschmann et al. 5, Stöcker et al. 6, Thorns et al. 8).

Anders als bei Paraffinschnitten gibt es für umfangreiche Gefrierschnitt-Arrays zu BIOCHIP-Mosaiken keine praktikable Alternative. Es ist zwar möglich, mehrere Organstückchen gemeinsam einzufrieren und als Paket im Kryotom zu Gefrierschnitten zu verarbeiten („Bunte Schnitte“). Mit diesem bekannten Verfahren lassen sich aber nur wenige Organe miteinander kombinieren. Auch verhalten sich die Gewebe beim Schneiden unterschiedlich – die Schneidetemperatur und die Schnittstärke müssen individuell eingestellt und die Schnitt-Ebene für jedes Organ individuell ausgerichtet werden, was in einem Verbund schwierig ist. Wird jedes Organ einzeln geschnitten und zu BIOCHIPs verarbeitet, ist außerdem die Ausbeute an brauchbaren Substraten maßgeblich höher. Man ist flexibel, wenn je nach Fragestellung oder Zeitpunkt Arrays mit unterschiedlicher Zusammensetzung gebraucht werden.

Mit der BIOCHIP-Technologie lassen sich auch sehr elegant gezielte Mikrosektionen aus Gewebeschnitten ausführen. BIOCHIPs mit einer Kantenlänge von 0,1 Millimeter wurden zum Beispiel für Polymerase-Chain-Reaktionen eingesetzt, um genetische Merkmale in bestimmten Zellgruppen zu bestimmen.

Nach Abschluss der Inkubationen werden sämtliche unterschiedlich gefärbten und behandelten BIOCHIPs, die von einem Patienten stammen, gemeinsamen auf einem Objektträger zusammengeführt und eingedeckt. Dadurch wird dem Pathologen die mikroskopische Auswertung signifikant erleichtert. Oder für Vergleichsanalysen werden BIOCHIP-Mosaiken mit Gewebeschnitten hundert verschiedener Tumoren nebeneinander zusammengestellt.

Zur eindeutigen Identifizierung jedes einzelnen BIOCHIPs kann man dem Trägerglas mit einem CO2-LASER 40 μm unterhalb der Oberfläche eine ausreichende Anzahl Codes eingravieren, sodass jeder BIOCHIP mindestens eine lösemittelresistente Kennung erhält, die das Mikroskop automatisch einlesen kann (Kryptocode, 21).

Die Gewebeschnitte werden auf kryptocodiertes Trägerglas aufgebracht, die relevanten Strukturen identifiziert, die Fragmentgröße definiert, entsprechende BIOCHIPs automatisch ausgestanzt und für die histochemische Analyse bereitgestellt.

Vollautomatische Färbeplattform EP-Dx

Ein wesentliches Element der EUROPath-Technologie ist die vollautomatischen Färbe-Plattform „EUROPath Analyzer EP-Dx“. Sie basiert auf der EUROTide-Inkubationstechnik und zeichnet sich durch eine sichere Probenidentifikation, einen geringen Verbrauch an Reagenzien und brillante Färbungen aus. Sie ist vielseitig und wird neuen Schwung in die Diagnostik der Pathologie-Institute bringen (19, 20).

Die Ingenieure der EUROIMMUN AG haben bei der Entwicklung der EP-Dx von einem großen Erfahrungsschatz profitiert: In der Vergangenheit haben sie über 70 verschiedene Analysegeräte und Produktionsmaschinen erdacht und aus der Taufe gehoben, darunter alle Vollautomaten für die BIOCHIP-Bestückung (10, 29), einen großen Random-Access-Automaten für Beadbasierte Immuntests (24), einen EUROTide- Vollautomaten für indirekte Immunfluoreszenz und Mikro-Immunblots, die Pipettiermaschine EUROLabLiquidHandler, daraus abgeleitet eine vollautomatische „Workstation“, die bald hundertfach in den weltgrößten Laboratorien zum Einsatz kommt, des Weiteren das System „MERGITE!“ zum schnellen und reproduzierbaren Waschen von Objektträgern.

Mehrere EP-Dx-Prototyp-Generationen wurden in der EUROIMMUN-Niederlassung Dassow auf „Herz und Nieren“ geprüft. Heute können bis zu 1.000 Gewebeproben auf einer Station nebeneinander untersucht werden, unter Anwendung bis zu 50 unterschiedlicher Färbe-Protokolle, und innerhalb weniger als drei Stunden pro Analysegang. Im Vergleich zur konventionellen Bearbeitung erzielt EP-Dx stärkere Reaktionen und verbraucht nur ein Drittel an (oft sehr teuren) Reagenzien. EP-Dx ist flexibel und offen, der Anwender kann für die Immunhistochemie eigene Antikörper einsetzen.

EP-Dx ist modular aufgebaut, auf Basis des EUROLabLiquidHandlers von EUROIMMUN. Der Arbeitsbereich ist komplett umschlossen, die Abluft wird gefiltert und überwacht, es riecht nicht nach organischen Lösemitteln, wie es in pathologischen Laboratorien üblich ist.

Die EUROTide-Funktion wird durch Wipp-Module bewirkt, auf denen die Reagenzträger liegen. Über ein digitales Lesesystem wird die Bestückung der einzelnen Wippen mit den Patientenproben überwacht. Gewaschen wird mit bis zu zehn verschiedenen Waschpuffern.

Über ein Schienensystem werden Reagenzien- Racks in einem fest definierten Raster zugeführt. Die Reagenzien tragen ID-Codes und werden beim Ladevorgang automatisch mit einem Scanner identifiziert. Das Beladen des Gerätes wird durch verschiedene optische Anzeigen unterstützt und verwechslungssicher gestaltet.

Ein 5-Nadel-Pipettieraggregat transferiert die Flüssigkeiten durch präzise Aspirations- und Dispensiervorgänge und legt auch Verdünnungen an. Jede Nadel wird separat angesteuert und jeder Kanal besitzt eine kapazitive Füllstandserkennung. Die Nadeln werden nach jedem Pipettier-Schritt von außen und innen effektiv gereinigt. Zum Waschen werden sowohl organische als auch wässrige Lösungsmittel verwendet, entflammbare Flüssigkeiten werden in einem aktiv belüfteten integrierten Sicherheitsschrank sicher aufbewahrt. Giftiger Abfall wird separat aufgefangen.

Der Färbeautomat wird mittels Touchscreen bedient und ist Random-Access-fähig. Der Anwender wird intuitiv und grafikunterstützt durch die Planung der Arbeitsliste, den Beladevorgang und den anschließenden Lauf geführt. Erforderliche Stammdaten und Assay-Programmierung werden in einer Datenbank. Die Software funktioniert unabhängig, kann aber mit anderer Labor- Software zur Übermittlung von Protokollen und Ergebnissen verbunden werden.

Rekombinante Kontrollsubstrate zur Funktionskontrolle der Reagenzien

In der Pathohistochemie muss bei jeder Inkubation durch humane Kontrollsubstrate nachgewiesen werden, dass die angewendeten Techniken korrekt ausgeführt wurden und die zur Färbung verwendeten Reagenzien funktioniert haben. Authentisches humanes Ausgangsmaterial steht aber nicht überall zur Verfügung und seine Verwendung wird teilweise auch als nicht legitim aufgefasst. Als Alternative werden in den molekularbiologischen Laboratorien der Firma EUROIMMUN die entsprechenden Antigene rekombinant hergestellt, für BIOCHIPs oder fertig bestückte Objektträger.

Bei EUROIMMUN wurden verschiedene Expressionssysteme etabliert, auf der Basis von Bäckerhefe, Insekten- und Säugerzellen. Gerade für die Bereitstellung authentischer Autoantigene ist die Nutzung humaner Expressionssysteme eine wichtige Voraussetzung. Von dieser Expertise machen wir zum Beispiel Gebrauch bei der Bestimmung von Autoantikörpern gegen Bestandteile des Gehirns – hier haben wir uns einen hervorragenden Ruf erarbeitet (23, 27, 28, 30, 31, 32).

EUROPathOffice

Die in den Serologie-Laboratorien etablierte EUROIMMUN-Organisations-Software (EUROLabOffice) wird auf die Bedingungen der Pathohistochemie zugeschnitten, um auch dort die Arbeit zu erleichtern und die Diagnostik zu standardisieren. In vielen konservativen Pathologie- Instituten besteht auf diesem Gebiet noch ein großer Nachholbedarf.

Histopattern (Pathohistochemical pattern evaluation)

Mikroskopische Bilder werden mehr und mehr von automatischen Mikroskopen erfasst, verarbeitet und archiviert. In Kooperation mit der Universität Lübeck entwickelt EUROIMMUN Verfahren der Mustererkennung, die es unter anderem ermöglichen, unterschiedlich gefärbte Serienschnitte virtuell zur Deckung zu bringen. Mit einer gewaltigen selbstlernenden dreidimensionalen Software soll die Mikroskopie in naher Zukunft für die Pathologen vollautomatisiert werden (33, 34).

Konkurrenz zu EUROPath und externer Stand der Technik

Der Marktführer Roche/Ventana bietet diverse Geräte für die Automatisierung der Pathologie an: „Symphony“ entparaffiniert und bietet automatische HE-Übersichtsfärbung und Spezialfärbungen. Außerdem werden Scanner und eine Software für das Pathologie-Labor angeboten (Tele-Pathologie).

Roche/Ventana bedient sich der sogenannten „Liquid-Coverslip-Technologie“: Der Inkubationsansatz wird mit Öl überschichtet, damit er nicht austrocknet, gezielte Luftstrahlen bewegen die Oberfläche und erzeugen auf diesem umständlichen Wege Konvektion.

Bei der von Leica genutzten Technologie wird durch das passgenaue Aufsetzen eines „Covertile“ ein Kapillarspalt als Reaktionsraum gebildet, um die Verdunstung der Reagenzien zu verhindern. Die Hitzebehandlung ist schwierig, die Verteilung der Färbelösungen ungleichmäßig, es gibt keine Konvektion.

Das „Xmatrx-System ULTRA“ und „Xmatrx ELITE“ von Biogenex sind vollautomatische Färbeautomaten für IHC, ISH, Fluoreszenz-insitu- Hybridisierung (FISH), In-situ-PCR und Spezialfärbungen auf Objektträgern. T

hermoFisher vermarktet Eindeckautomaten und Automaten zur Paraffinentfernung für die IHC. Der „Labvision Autostainer“ und der „Gemini“ führen IHC sowie Spezialfärbungen durch, parallel für eine Vielzahl von Objektträgern.

Der Automat „Omnis“ von Dako umfasst IHC und ISH auf einem Gerät und bietet Entparaffinierung und Gegenfärbung. Ein weiteres Gerät von Dako ist für die IHCausgelegt. Der „Hybridizer“ bewältigt Fluoreszenz- und Chromogen- in-situ-Hybridisierungen (FISH, CISH). „Artisan-Link“ ermöglicht vollautomatisch Spezialfärbungen. Aber nur fest definierte Abläufe sind möglich.

Von Leica Biosystems stammt der vollautomatische Färbeautomat „BOND-MAXe“ für IHC und ISH an. Des Weiteren werden Drucker für Objektträger und Kassetten Gewebeinfiltrationsautomaten, Einbettsysteme sowie verschiedene Mikrotome angeboten, zudem Mikroskope und Scanner, Software für die digitale Auswertung und die Dokumentation. Eine sogenannte „Workstation“ färbt automatisch und deckt ein.

Von Sakura Finetek kommt die sogenannte „SMART Automation“ – zum Gewebeschneiden, Entwässern, Färben und Eindecken. Mehrere Schnitte und Färbungen werden nebeneinander auf dem Bildschirm angezeigt.

Allen diesen technischen Ansätzen zur Automatisierung ist gemeinsam, dass im Gegensatz zu EUROPath Geräte, Reagenzien und Verbrauchsmaterial insgesamt teurer sind als bei den manuellen Verfahren. Der Ersparnis an Personalkosten stehen hohe Anschaffungs- und Betriebskosten entgegen.

Literatur

  1. Stöcker W. Vorrichtung zur Durchführung von Mikroanalysen. Patent EP 0018435 (1979). TITERPLANE-Technik.
  2. Stöcker W. Verfahren und Vorrichtungen für Untersuchungen an unbeweglich gemachtem biologischem Material. Patent Nr. 0 117 262 (1983). BIOCHIP-Technologie.
  3. Stöcker W. Rationelle Histochemie mit einer neuen Mikroanalysemethode. Acta histochem Suppl 31: 269-281 (1985). Erste Originalmitteilung der BIOCHIP-Technologie.
  4. Stöcker K, Stöcker W, Ritter-Frank Y, Scriba PC. Chemisch-aktivierte Glasobjektträger für Gefrierschnitte und ihre Anwendung in der Autoantikörperdiagnostik. Acta histochem (Jena) Suppl 31: 283-294 (1985).
  5. Poschmann A, Seitz C, Bein G, Böcker W, Geusendam G, Stöcker W. Rapid histochemical screening of monoclonal antibodies against tumor associated and other antigens using the „Titerplane-technique“. Immunobiol 170: 72-73 (1985).
  6. Stöcker W, Poschmann A, Seitz C, Heise R, Hornof B, Böcker W. Rationelles Screening von Fusionsüberständen zum histochemischen Nachweis monoklonaler Antikörper gegen Tumor-assoziierte und andere Antigene. Verh dtsch Ges Path 70: 393-395 (1986).
  7. Stöcker W. Die BIOCHIP-Technologie: Ein neuer Weg der Produktion Festphasegebundener Bioreagenzien für das medizinische und biologische Laboratorium. Dokumentation zur (erfolgreichen) Bewerbung um den vom Wirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein überreichten Schmidt-Römhild-Technologiepreis 1989. Festveranstaltung am 10. November 1989 im Audienzsaal des Lübecker Rathauses.
  8. Thorns C, Noack F, Feller AC, Merz H, Stöcker W, Müller-Kunert E, Bernd H-W. Application of newly developed tissue-arrays to study EMMPRIN (CD147) ex-pression malignant non-Hodgkin lymphoma. Cancer Genomics & Proteomics 1: 45-52 (2004).
  9. Morrin M, Müller M, Wessel S, Rateike M, Stöcker W. Lichtquelle für ein Auflicht- Fluoreszenzmikroskop. Gebrauchsmuster DE 20 2004 010 121 (2004). LED für die Immunfluoreszenz.
  10. Stöcker W, Rateike M, Morrin M. Verfahren zur Herstellung Festphasen-gebundener Bioreagenzien. Patent DE 102004005100 (2004) und WO 2005/073693 (2005). Vollautomatisierung der BIOCHIP-Technologie.
  11. Stöcker W, Wessel S, Morrin M, Müller M. Konstante Lichtquelle für die Fluoreszenzmikroskopie. Deutsche Patentanmeldung DE 10 2006 027 518.7 (2006). LED für die Immunfluoreszenz.
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  13. Stöcker W, Rateike M, Maltzahn B, Behring R. Analyseverfahren und Vorrichtung für biologische Reaktionen zwischen einer flüssigen und einer festen Phase. Patent EP 2 191 893 (2008). EUROtide.
  14. Morrin M. Vorrichtung und Verfahren zur automatischen Fokussierung für die Mikroskopie schwach leuchtender Substrate. Patent DE 10 2010 035 104.0 (2010) und WO 2012/025220 (2011).
  15. NN. Objektträger. Gebrauchsmuster DE 20 2011 005 278 (2011). Codierter Objektträger mit Informationen über Charge und sonstige Eigenschaften.
  16. Stöcker W, Ehling T. Vorrichtung und Verfahren zur Untersuchung einer biologischen Probe. Patentanmeldung DE 10 2011 011 795.4 (2011). Befund-Protokollierung beim Mikroskopieren durch Spracherkennung oder Tastatur-Kürzel. Dabei Korrelierung der Kreuztisch-Position mit der Befund-Adresse.
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  18. Hochstrate N, Krause C, Ens K, Voigt J. ANA and ANCA diagnostics with computeraided immunofluorescence microscopy (CAIFM). Zeitschrift für Rheumatologie 72: 24·(2013).
  19. Stöcker W, Rottmann N. Verfahren sowie Vorrichtung zur Inkubation von Patentientenproben. Patentanmeldung DE 10 2012 013 680 (2012) und WO 2014/009067 (2013). EUROTide für die Pathologie.
  20. Stöcker W, Rottmann N. Verfahren und Analysevorrichtung zur mikroskopischen Untersuchung eines Gewebeschnittes oder eines Zellausstriches. Patentanmeldung DE 10 2012 013 678 (2012) und WO 2014/009066 (2013). Flexible Anordnung von Gewebeschnitten, BIOCHIPs und Kontrollmaterial zur immunologischen bzw. histochemischen Untersuchung von Patientenproben.
  21. Rottmann N, Stöcker W, Koop N. Transparenter Objektträger mit Kennzeichnung. Patentanmeldung EP 2 896 458 (2014) und WO 2015/106774 (2014). Krypto-Codierung.
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  26. Kaffka C. Inkubationsrinne. Patentanmeldung WO2016/169576 (2015) und EP3085446 (2015). EUROPath-Reagenzträger.
  27. Scharf M, Miske R, Heidenreich F, Giess R, Landwehr P, Blöcker IM, Begemann N, Denno Y, Tiede S, Dähnrich C, Schlumberger W, Unger M, Teegen B, Stöcker W, Probst C, Komorowski L. Neuronal Na(+)/K(+) ATPase is an autoantibody target in paraneoplastic neurological syndrome. Neurology 84: 1673-1679 (2015).
  28. Lemcke S, Sokolowski S, Rieckhoff N, Buschtez M, Kaffka C, Winter-Keil A, Schaller C, Rottmann N, Sadik CD, Stöcker W, Zillikens D, Schmidt E. Automated direct immunofluorescence analyses of skin biopsies. J Cutan Pathol 43(3): 227-235 (2015).
  29. Eggert L. Traction arrangement. Patentanmeldung EP3106713 (2015) und WO2016/202448 (2016). Differentialgetriebe für den synchronen X-Y-Antrieb von Positionier-Tischen per Zahnriemen mit zwei beliebigen Antriebsmotoren.
  30. Miske R, Hahn S, Rosenkranz T, Müller M, Dettmann IM, Mindorf S, Denno Y, Brakopp S, Scharf M, Teegen B, Probst C, Melzer N, Meinck HM, Terborg C, Stöcker W, Komorowski L. Autoantibodies against glutamate receptor δ2 after allogenic stem cell transplantation. Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm 3:e255 (2016).
  31. Miske R, Gross CC, Scharf M, Golombeck KS, Hartwig M, Bhatia U, Schulte-Mecklenbeck A, Bönte K, Strippel C, Schöls L, Synofzik M, Lohmann H, Dettmann IM, Deppe M, Mindorf S, Warnecke T, Denno Y, Teegen B, Probst C, Brakopp S, Wandinger KP, Wiendl H, Stöcker W, Meuth SG, Komorowski L, Melzer N. Neurochondrin is a neuronal target antigen in autoimmune cerebellar degeneration. Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm 4(1):e307 (2016).
  32. Fraune J, Gerlach S, Renztsch K, Teegen B, Lederer S, Affeldt K, Fechner K, Danckwardt M, Voigt J, Probst C, Komorowski L, Stöcker W. Multiparametric serological testing in autoimmune encephalitis using computer-aided immunofluorescence microscopy (CAIFM). Autoimmun Rev 15(10):937-942 (2016).
  33. Feirer, C., Roznowicz, F., Paul, M., und Bernitt, E. Optical scanning arrangement and method. European patent application, filed 28.5.2017 (2017). Eine von mehreren Versionen des schnellen Mikroskop-Scannings.
  34. W. Stöcker. Histopattern. Angemeldete Marke, 12.5.2017 (2017)

Übertragung der EUROIMMUN AG auf die Firma PerkinElmer

Robert Friel (CEO, PerkinElmer, links) und Prof. Winfried Stöcker (CEO, EUROIMMUN, rechts) bei der Vertragsunterzeichnung.

 

Werte Kunden der Firma EUROIMMUN und Einsender unseres Diagnostik-Labors!

Mir geht es gut, ich könnte Bäume ausreißen. Trotzdem habe ich in den letzten beiden Jahren überlegt, wie es nach meinem aktiven Berufsleben mit EUROIMMUN weitergehen soll. Wie kann man das Unternehmen in eine sichere Zukunft steuern? Wenn ich in die Runde unserer ideenreichen und motivierten Führungskräfte sehe, die mit Fleiß und Kreativität eine Vielfalt an Technologien und ein so geniales Produktspektrum etabliert haben, und die frischen, aufgeweckten, begabten und freundlichen Kollegen, an deren Spitze sie stehen, so müsste mir um die fernere Zukunft nicht bange sein ­– sofern EUROIMMUN nach meinem Ausscheiden nicht in falsche Hände gerät.

Es besteht die Gefahr, dass EUROIMMUN einmal Spielball von Finanzinvestoren wird, denen der Fortschritt der Medizin gleichgültig ist und die auch keinen Blick für die Mitarbeiter oder die Regionen haben, in denen sich unsere Niederlassungen befinden. EUROIMMUN ist weltweit hoch angesehen, und mehrere andere große Unternehmen würden uns gerne einverleiben. Ein Konkurrenz-Unternehmen würde sich anstrengen, die Mehrheit zu gewinnen und dann einzelne große Unternehmensbereiche absterben lassen, nur um dort einen Mitbewerber auszuschalten, oder man würde die lukrativsten Bereiche herauspicken und den Rest preisgeben – vor allem Forschung, Entwicklung und unsere allseits bewunderte Unternehmenskultur.

Deshalb will ich die Firma lieber ausgewiesenen Experten anvertrauen, die nach meiner Einschätzung in der Lage sind, den Fortbestand dessen zu sichern, was wir in dreißig Jahren erfolgreich aufgebaut haben. Diese Experten haben wir bei PerkinElmer gefunden, einem namhaften, weltbedeutenden Konzern mit Sitz in Boston, aber auch florierenden Unternehmensbereichen in Deutschland. PerkinElmer wurde 1931 gegründet und ist mir schon aus Zeiten meiner Doktorarbeit (1971 bis 1975) als ein solides, Technologie-orientiertes Unternehmen bekannt. Es beschäftigt heute 9.000 Personen und setzt im Jahr 2,1 Milliarden Dollar um. PerkinElmer ist in der Labordiagnostik tätig und zum Beispiel Marktführer im Neugeborenen-Screening auf Stoffwechselkrankheiten.

PerkinElmer und EUROIMMUN stehen nicht in Konkurrenz miteinander, man muss nicht befürchten, dass wir bei einem Zusammenschluss einzelne Abteilungen zumachen müssten. Und wir haben viele Projekte identifiziert, wo wir zum beiderseitigen Vorteil kooperieren werden, insbesondere will sich PerkinElmer unsere Ingenieurskunst zunutze machen, da es etwas Vergleichbares auf der Welt nicht gibt. Die Standorte bleiben bestehen, nicht zuletzt die in China, und kein einziger Arbeitsplatz steht zur Disposition! Ebenso werden wir uns bemühen, unser Netz der bewährten Distributeure zu erhalten.

Ich gehe davon aus, dass die von uns realisierte Diagnostik erhalten bleibt, unsere Ideen nicht in Vergessenheit geraten, die Mitarbeiter langfristig ihre Aufgaben in Deutschland und an unseren internationalen Standorten weiter erfüllen und wie bisher kreativ forschen, entwickeln, produzieren und verkaufen können.

Ich selbst werde meinen Job als CEO noch ein paar Jahre ausüben und parallel dazu unser Diagnostik-Labor (Labor Prof. Stöcker) unabhängig weiter führen, hier arbeitet sich eine nette Nachfolgerin ein, die mich vielleicht einmal ablösen wird, aber erst in einigen Jahren.

Mit freundlichen Grüßen!

Ihr

Prof. Dr. med. Winfried Stöcker

EUROCantat-Weihnachtskonzert 2015

Aufgenommen am 11.12.2015

 

Aufruf zum Sturz der Kanzlerin Merkel

Prometheus verspottet die Bewohner des Olymps, meint aber den Gott der Christen. Denn hätte Goethe den Klerus offen herausgefordert, wäre seine Karriere schnell zu Ende gewesen und ein ganzer Meter Literatur wäre uns vorenthalten geblieben. Auch heute wird es wieder zunehmend gefährlich, seine Meinung frei zu äußern, da wird man diffamiert und ruiniert, oder gleich um sein Leben gebracht, wie die kritischen Karikaturisten von Charlie Hebdo und viele andere unschuldige Attentatsopfer. Oder man muss wenigstens um sein Leben fürchten und sich verstecken, wie Salman Rushdi. Auch bei uns in Deutschland nimmt jetzt die Bedrohung zu, je mehr unser Kulturkreis von fremden Völkern und Religionen überrannt wird.

Goethe hatte allen Grund, das Christentum zu verachten, das immer wieder gegen das Gebot der Nächstenliebe verstößt – davon zeugen die Asche der Ketzer und Hexen, die Opfer der Kreuzzüge gegen Palästina, oder die Adressaten der christlichen Missionierung Afrikas und Südamerikas: Millionen und Abermillionen wurden versklavt und getötet. Das Christentum ist die Kraft, die stets das Gute will, doch meist das Böse schafft – ein weiteres, diesmal reziprok angewendetes Goethe-Zitat. Ein aktuelles Beispiel bieten die deutsche Bundeskanzlerin und der Bundespräsident – eine Pastorentochter und ein Pfarrer, beide aus der DDR. Aus christlicher Überzeugung laden sie seit Ende 2014 großzügig, auf unsere Kosten, alle Benachteiligten dieser Welt nach Deutschland und Europa ein. Die kriminelle Schleuser-Industrie dankt es ihnen, und jedes Jahr ertrinken tausende arme Seelen im Mittelmeer, die ihrem Appell folgen. Das Recht auf Asyl kenne keine Grenzen. In der Konsequenz erwächst uns aus diesem Edelmut eine Katastrophe unübersehbaren Ausmaßes.

Es scheint Merkel und die Herde gutgläubiger Christen nicht zu interessieren, wie schwer es England und Frankreich mit ihren aus den früheren Kolonien stammenden Bewohnern der Banlieus haben, etwa aus Indien und Algerien. Das Kosovo war vor hundert Jahren vorwiegend von Serben besiedelt, sie wurden innerhalb weniger Jahrzehnte unversehens von Moslems übervölkert und verdrängt: Das kommt jetzt auch auf Deutschland zu. Afrika hat die Europäer hinausgeworfen, zum eigenen Schaden, aber nach Europa wollen sie alle hinein – auf einer Einbahnstraße. Der englische Premierminister, der französische Präsident und viele andere Politiker Europas lachen die naive Bundeskanzlerin hinter ihrem Rücken aus. Warum sollten sie die Suppe auslöffeln, die ihnen Frau Merkel eingebrockt hat? Auch außerhalb Europas, etwa in China, stößt ihr missionarischer Eifer auf Unverständnis und Spott.

Es ist eine hinterlistige Lüge, dass wir Zuwanderung benötigen, ein Vorwand, mit dem man die bisherige Untätigkeit des Westens in den Krisengebieten bemänteln will. Vor allem brauchen wir keine Almosenempfänger – nur wenige der heute zu Millionen illegal einreisenden Personen werden auf Jahrzehnte in der Lage sein, hier eine qualifizierte Arbeit aufzunehmen. Die meisten haben bei uns keine realistische Perspektive und werden uns noch zu schaffen machen, viele als einfache Kriminelle, manche als fanatische Killer. Und gerade wer eine anständige Ausbildung besitzt, sollte nicht von uns akquiriert werden, sondern ermutigt, sich für eine gedeihliche Entwicklung seiner Heimat einzusetzen. Und dorthin muss auch unsere direkte Hilfe gehen, anstelle dass wir in Deutschland Migranten-Ghettos finanzieren.

Natürlich müssen wir Verfolgten, in erster Linie Frauen und Kindern, aber keinen Wirtschaftsflüchtlingen, vorübergehend humanitären Schutz gewähren, im Rahmen unserer Möglichkeiten, bis die Gefahr vorbei ist, und keinen Tag länger. Aber nach der Genfer Flüchtlingskonvention besitzen nur Einzelpersonen ein Recht auf Asyl – wenn sie wegen Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt werden, und nicht de facto pauschal ganze fremde Völker, wie es zurzeit verfassungswidrig praktiziert wird. Und wer hat die Parole ausgegeben, dass ganze Staaten zu evakuieren sind, wenn die Bedrohung nur einzelne Landesteile betrifft?

Man muss die an die Krisengebiete angrenzenden Länder finanziell unterstützen, dass sie Lager unterhalten können und dass die dort untergekommenen Flüchtlinge sich nicht aus Geldmangel zu uns auf den Weg machen, sondern von dort aus die Befreiung ihrer Heimat in die Wege leiten. Und wir sollten uns nicht von dem Integrations-Spektakel anstecken lassen und jedem, der es inzwischen schon bis hierher geschafft hat, krampfhaft eine dauerhafte Bleibeperspektive anbieten. Eher sollte man die Gelegenheit nutzen, diese Menschen auszubilden und zu befähigen, bei sich zu Hause einen demokratischen laizistischen Staat aufzubauen und ihn zu verteidigen. Dass hier von der einen Hälfte unserer Bevölkerung, mit der vorgeblich höherstehenden Moral (welche Anmaßung!), gefordert wird, die vielen Millionen Araber seien für immer in Deutschland einzugliedern, ist eine Zumutung für die andere, die den aktuellen Zustand als alptraumhafte Katastrophe und Vergewaltigung empfindet. Unser Land könnte zu einem gesellschaftlichen Konsens zurückfinden, wenn die Regierung von vornherein klarstellen würde, dass die Flüchtlinge später wieder zurückgehen müssen, wie es vor zwanzig Jahren im Balkankrieg gehandhabt wurde, dann würden die Mitglieder der CDU auch nicht mehr reihenweise zur AfD überlaufen.

Die Bundeskanzlerin ist nur darauf bedacht, ihre Rolle möglichst lange weiterspielen zu können. Um sich keine Feinde zu machen, folgt sie jeder Torheit, anstelle eigenständig Deutschlands Zukunft schöpferisch zu gestalten und lohnende Ziele anzusteuern. So ist es die Herde einfältiger Schafe, die die Richtung bestimmt, und nicht der Hirt. Während ich diese Zeilen schreibe, bin ich auf einer Dienstreise durch das sonnige Kalifornien. Es begeistert mich, wie hier moderne Technologien aufgegriffen und genutzt werden, und es tut mir weh, wie feig man in Deutschland die Chancen verspielt und unsere Begabung für Spitzenforschung brach liegen lässt. Verkehrsprojekte, wie die Magnetschwebebahn oder das Projekt „Sänger“ (Überschall-Passagierflüge mit 4 MACH in 40 Kilometer Höhe) wurden abgebrochen, die äußerst lukrative rote und grüne Gentechnik, mit der man in Kalifornien jedes Jahr hunderte Milliarden Dollar verdient, wird in Deutschland verteufelt und ausgebremst. Wir laufen den Amerikanern und Chinesen hinterher, was die Informationstechnologie betrifft, warum gibt es kein deutsches Google? Die Kanzlerin versucht, Wahlstimmen für sich zu gewinnen, indem sie bei der Bevölkerung Angst vor solchen modernen Entwicklungen schürt und sich dann als Schutzheilige aufspielt. Um den Grünen gefällig zu sein, verhindert sie, dass wir in der ganzen Welt sichere Kernreaktoren errichten, anstelle dessen kommen jetzt Russland und Japan zum Zug, wo man es offensichtlich mit der Sicherheit nicht so genau nimmt. Sobald wie möglich muss man die Atomkraft durch effiziente (von uns entwickelte) Solarkraftwerke oder Energieplantagen ersetzen – Nutzung „unerschöpflicher“, „infiniter“ Energie (um nicht das dumme Wort „erneuerbare Energie“ zu verwenden).

Auch der letzte deutsche Atomausstieg, übereilt und teuer, sollte der Kanzlerin angesichts des Fukushima-Vorfalls nur wieder dazu dienen, sich bei ihren Wählern beliebt zu machen. Eher lässt sie die Ressourcen für ineffektive Windräder und Photovoltaik im sonnenarmen Deutschland verpulvern und von den Kraftwerken die Luft verpesten – mit Abgasen der Kohle- und Öl-Verstromung. Das kommt bei den grünroten Bremsern etwas besser an – sollen wir doch an CO2 ersticken. Aber Frau Merkel darf auf Ewigkeit weiter regieren. Dafür zahlt der Westen den Russen und den Arabern unermessliche Summen für Öl und Gas, mit denen diese uns jetzt auf andere Weise einheizen. Ein wenig nuklearer Abfall ließe sich weitaus besser beherrschen, als ein wütend gewordener, raketenstarrender Putin oder der mit unserem Geld angefütterte Kalifenstaat.

Und jetzt wollen wir einmal lesen, was die ehrgeizige Frau Dr. Merkel 2003 auf dem CDU-Parteitag in Leipzig von sich gegeben hat – in den Jahren 1998 bis 2005 waren CDU und FDP in der Opposition, und sie wollte doch so gerne wieder mitregieren:Manche unserer Gegner können es sich nicht verkneifen, uns in der Zuwanderungsdiskussion in die rechtsextreme Ecke zu rücken, nur weil wir im Zusammenhang mit der Zuwanderung auf die Gefahr von Parallelgesellschaften aufmerksam machen. Das, liebe Freunde, ist der Gipfel der Verlogenheit, und eine solche Scheinheiligkeit wird vor den Menschen wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen. Deshalb werden wir auch weiter eine geregelte Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung fordern.“

Inzwischen hat sie es zur Kanzlerin gebracht, ist aber heute auf die SPD angewiesen, um den Job zu behalten. Das erforderte wieder einmal einen Gesinnungswandel um 180 Grad, denn die SPD braucht die Asylanten als unkritisches Elektorat, um endlich wieder auf Augenhöhe mit der CDU zu kommen, und unsere Angela Merkel pariert unterwürfig. Deutschland folgt ihrem Wahn, so etwas ist nicht das erste Mal, und stürzt sich in den Untergang! Das wäre uns erspart geblieben, hätte es die FDP bei der letzten Wahl in den Bundestag geschafft – eine Partei, die noch bei Verstand geblieben ist.

Der Asyl-Aktionismus der jetzigen Regierung soll im Übrigen davon ablenken, dass sie vor ihrer wirklichen Aufgabe scheut: Gemeinsam mit anderen Ländern des Westens in den von Gewaltherrschaft heimgesuchten Ländern Ordnung zu schaffen und die Verrückten dort zu entwaffnen, maßgeblich unter Mitwirkung derjenigen Männer, die ihren Schwestern, Frauen und Kindern den Schutz verwehren und sich bei uns verstecken, etwa aus Syrien und Afghanistan, anstelle ihre eigene Heimat zu befreien und zu befrieden. An deren Stelle sollen vielleicht unsere Söhne wieder ihr Leben drangeben? Aber da hat Frau Merkel bereits den Zeigefinger feuchtgemacht und hochgehalten: Woher weht der Wind? Die Mehrheit der ach so friedliebenden Bewohner Deutschlands wird einen solchen Einsatz nicht billigen. Man verschließt lieber die Augen und tut so, als ginge es uns nichts an, dass der Nahe Osten und Länder Afrikas in die Hände mordgieriger religiöser Fanatiker fallen und in Afghanistan wieder die Taliban Einzug halten, zum Hohn der Opfer, die unsere Soldaten dort gebracht haben. Um in Frieden leben zu können, muss man aber manchmal durchgreifen. Jetzt einmal Schiller mit Wallensteins Lager: Und setzet Ihr nicht das Leben ein – nie wird Euch das Leben gewonnen sein! Die Christen haben beim Holocaust, in Kambodscha und in Burundi tatenlos zugesehen, heute ist es nicht anders. Inzwischen schickt Deutschland wenigstens ein paar Aufklärungsflugzeuge, die gefährliche Arbeit sollen aber wieder die anderen machen.

Beim Aufräumen im Nahen Osten muss sich der Westen mit den Russen einigen und sich den nötigen Spielraum mit Zugeständnissen an Russland erkaufen – man überlasse ihnen doch die vorwiegend russisch bevölkerte Ostukraine und die Krim, die sie sowieso schon besitzen und behalten werden. Aber da sind Merkel und Steinmeier Fehlbesetzungen: Politik ist nichts für Illusionäre, sondern für Realisten, es kommt nicht darauf an, was man sich wünscht, sondern was man erreichen kann. Vor allem muss man die Optionen des Gegners ausloten, Putins enormen Rückhalt in seinem Land in Betracht ziehen und auch seine Gefährlichkeit: Ein Raubtier greift an, wenn es eingekreist wird. Es ist einfach peinlich, wie frustran Steinmeier und Fabius in der Weltgeschichte herumreisen und sich von Russland, Arabien oder Griechenland vorführen lassen. Aber die zahnlosen Argumente für seine Scheingefechte kriegt Herr Steinmeier wahrscheinlich von Frau Merkel eingeflüstert. Das System Merkel gleicht der Organisation des betrügerischen halbstaatlichen Konzerns Volkswagen: Keiner traut sich, der Obrigkeit die Stirn zu bieten, weil auch er an seinem Sessel klebt.

Zwei selbstherrlichen Volksidolen wäre es im letzten Jahrhundert beinahe gelungen, Deutschland zugrunde zu richten: Einer kaiserlichen Hoheit, die es der Welt gerne gezeigt hätte, dass man auch mit einem verkümmerten Arm Krieg führen kann, und einem arbeitslosen Kunstmaler ohne Berufsabschluss, später von der überwältigenden Mehrheit heißgeliebten Führer, mit dem noch später angeblich niemand mehr etwas zu tun gehabt haben wollte. Nach den beiden Weltkriegen konnte man jedoch unser Vaterland wenigstens wieder aufbauen, woran sich EUROIMMUN mit der Etablierung hochspezialisierter Technologie-Plattformen maßgeblich beteiligt hat, um die uns auch das gelobte Amerika beneidet. Aber jetzt ist eine neue Lichtgestalt aufgetaucht, mit der sich die Deutschen wieder einmal so richtig verrechnet haben. Auf Angela Merkels Einladung hin und unter ihrer Regie wird Deutschland von einer Völkerwanderung heimgesucht, dass man unsere Heimat bald nicht mehr erkennen wird. Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.

Frau Merkel behauptet in christlicher Einfalt, ihren Amtseid missachtend, dass es keine Obergrenze beim Asyl geben darf. Sie wird sich in der Konsequenz auch großherzig für die Heerscharen afrikanischer Flüchtlinge einsetzen, die sich in Wartestellung befinden und dem Beispiel der zwei Millionen Asylanten des Jahres 2015 folgen wollen. Oder für Zig-Millionen Inder und Pakistani, die sich bei uns weiterprügeln werden. Die Kanzlerin wird aus dieser Nummer nicht herauskommen und sollte daher schleunigst zum Rücktritt gezwungen werden, damit man endlich gegensteuern kann – das ist es, „was wir schaffen müssen“. Ihr Eid lautete: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des DEUTSCHEN Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde, so wahr mir Gott helfe.“ Ein Meineid.

Wer sich gegen den Asyl-Irrsinn stemmt, wird von den Protagonisten der aktuellen Politik ausgegrenzt. So forderte die Generalsekretärin der SPD am 24. Oktober 2015 in Augsburg, die Anhänger der Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) seien „biedermeierliche Brandstifter und Volksverhetzer“ und müssten „mit voller Härte von Polizei und Verfassungsschutz verfolgt werden“. Die Dame hat im Schulunterricht nicht aufgepasst, der Protagonist in Max Frisch’s Lehrstück hieß Biedermann. Und der zweite Irrtum: Die Brandstifter sitzen in Berlin und nicht in Dresden, ihre christlichen Wahnvorstellungen bringen uns Deutsche gegeneinander auf, liefern dem rechten Rand Argumente und provozieren unsympathische Abwehrreaktionen. Für Illusionen wollen wir aber unsere Demokratie, unsere Freiheit, unseren Frieden, unser Selbstbestimmungsrecht, die Würde der Frauen und unser Vaterland nicht aufgeben. Jemanden wie die friedlich demonstrierenden Bürger in Dresden für ihre Einstellung als xenophob hinzustellen und sich darüber zu beschweren, dass sie bei den Dummheiten naiver Politiker und Journalisten nicht mitmachen, zeugt von bedauernswerter Einfalt und mangelndem Verständnis von Demokratie, und was viele Journalisten mit ihrer einseitigen Berichterstattung betrifft, von verlogener Demagogie. Mir tun die armen Polizisten leid, die sich mit den militanten Gegendemonstranten herumschlagen müssen.

Und Biedermann hatte den Zeitpunkt verpasst, zu dem das Unglück noch zu verhindern gewesen wäre, ein besseres Zitat hätte die Genossin gar nicht bringen können. Deshalb mein Aufruf: Legt die Notbremse ein, lasst uns nicht weiter in die Katastrophe schlittern, es ist höchste Zeit! Die Generalsekretärin ist zwar kein Biedermeier, eher ein Schlaumeier oder, in kleinkarierter Sprechweise, eine Schlaumeierin, die erst einmal unsere Verfassung studieren sollte. Dann würde sie feststellen, dass die Regierung es ist, die sie bricht und deshalb vom Verfassungsschutz verfolgt werden muss. Und sie ist ebenso überheblich und unverschämt, wie ihr feiner Genosse Gabriel, der auf Fragen zur Flüchtlingsmisere planlos in die peinlichsten Stammeleien verfällt und anständige Leute als Pack zu bezeichnen sich herausnimmt. Das sagt auch dieser Herr Gauck, der Leute wie mich als „Dunkeldeutsche“ brandmarkt, aber selbst am besten in diese Kategorie passt.

Lübeck, den 6. Dezember 2015

Prof. Prof. h.c. Dr. Winfried Stöcker – kein Fremdenfeind oder Rassist, sondern Philanthrop, noch bei Verstand, dem die Narretei der Kanzlerin wie Millionen anderen den Schlaf raubt

Rhabarber-Kaltschale

 

2 Bündel Rhabarber ordentlich schälen, dann abspülen und in 2 cm lange Stücke schneiden. Zu dicke Stangen vorher der Länge nach halbieren.

3 Limonen und 3 Zitronen waschen, halbieren, auspressen, Saft anderweitig ver­wen­den.

Schalen zusammen mit 8 Stangen Zimt in 1,5 Liter Wasser 10 min auskochen, etwas Salz und nach Belieben Zucker zufügen, aber nicht zu viel. Rhabarberstück­chen dazugeben und umrühren. Warten bis es bei voller Hitze wieder kocht und der Rhabarber weich ist (aber noch nicht zerfällt), dann Topf runterneh­men und sofort 1 weiteren Liter kaltes Wasser zufügen. (Schnelles Absenken der Temperatur verhindert, daß der Rhabarber zu weich wird. Achtung: innerhalb weniger Sekunden kann der Rhabarber zerkochen! Nicht weggehen, volle Konzentration!)

Topf in der Küche abkühlen lassen, dann in den Kühlschrank stellen.

Je Teller eine Scheibe Zwieback in kleine Stücke brechen, feine Brösel wegwerfen. Eine Kelle kaltes Rhabarberkompott darüber, ein Schuß Sahne oder Vanillesauce, oder noch besser Crème Fraîche dazu und servieren.

Gönnt er seiner Besucherin diese Gaumenfreude, wird ein Junggeselle nicht lange allein bleiben.

Interview in „Welt der Fertigung“

Das Unternehmen ›Euroimmun‹ ist ein führendes Unternehmen im Bereich medizinische Labordiagnostik und wurde 1987 von Prof. Dr. Winfried Stöcker gegründet. Der unerschrockene Vorzeigeunternehmer hat viel Interessantes zu erzählen.

 

Herr Prof. Dr. Stöcker, Ihr Unternehmen Euroimmun ist eigentlich ein noch junges Unternehmen, das Sie 1987 gegründet haben. Was hat Sie dazu bewogen, das Abenteuer ›Selbstständigkeit‹ zu wagen?

Prof. Dr. Winfried Stöcker: Im Laufe meiner Ausbildung zum Arzt für Laboratoriumsmedizin und auch danach habe ich einige nützliche Techniken erfunden, mit denen man die Immunitätslage eines Organismus überprüfen kann. Wir untersuchen Antikörper im Blut. Fällt ein Test positiv aus, hat man gezeigt, dass die entsprechende Infektion in einem Patienten vorliegt oder dass er sich früher damit auseinandergesetzt hat. Man untersucht Antikörper auch bei allergischen Erkrankungen oder bei Autoimmunkrankheiten. Für die Analytik der Antikörper habe ich neue technische Lösungen erdacht und deren wirtschaftlichen Nutzen vorausgesehen. Meine Karriere an der Universität habe ich damals erst einmal aufgegeben und 1987 die Firma Euroimmun gegründet, um meinen Erfindungen zum erhofften Durchbruch zu verhelfen.

 

Euroimmun ist ein hochinnovatives Unternehmen. Insbesondere die sogenannten ›Biochips‹ sind eine Spezialität Ihres Unternehmens. Was verbirgt sich dahinter?

Prof. Stöcker: Die ›Biochips‹ gehören zu meinen ersten Erfindungen. Man benötigt für die Diagnostik vieler Autoantikörper Gewebeschnitte gefrorener Organe oder kultivierte Zellen. Sie werden auf dünnes Glas aufgebracht, das danach zusammen mit dem biologischen Material in kleine Fragmente unterteilt wird (Biochips). Diese werden auf Objektträger geklebt. Im Diagnostiklabor wird dann die Oberfläche der Biochips mit dem Serum von Patienten in Kontakt gebracht. Liegen zum Beispiel Antikörper gegen die Zellkerne vor, dann färben sich die entsprechenden Strukturen des Gewebes an, was sich mikroskopisch darstellen lässt. Nach diesem Prinzip kann man den größten Teil der Autoimmunkrankheiten diagnostizieren. Fast jedes Organ kann Ziel der Autoaggression werden. Man kann Biochips aus unterschiedlichen Strukturen nebeneinander auf ein Feld kleben. Indem man so ein Mosaik dann mit einem einzigen Tropfen verdünnten Patientenserums inkubiert, kann man auf einen Schlag eine Vielzahl verschiedener Antikörper identifizieren.

 

Hatten Sie diese staunenswerte Idee, so etwas umzusetzen oder gab es ein Patent, das Sie aufkauften?

Prof. Stöcker: Diese Erfindung der Biochips stammt von mir persönlich. Ich habe sie 1983 zum Patent angemeldet. Daneben habe ich in der Anfangszeit auch noch mehrere Inkubationstechniken und Pipettierverfahren patentieren lassen. Heute werden unter meiner Leitung jedes Jahr mehrere Patente angemeldet, aber auch sehr viele wissenschaftliche Publikationen eingereicht.

 

Das Wachstum Ihres Unternehmens ist überwältigend. Bekommen Sie eigentlich genug qualifizierte Leute, um weiterhin auf diesem Level zu wachsen?

Prof. Stöcker: Wir haben in Lübeck nicht nur eine Universität und eine Fachhochschule, sondern auch eine ausgezeichnete Berufsschule, und wir werden mit Personal bis jetzt gut versorgt. Da wir allerdings unser Volumen alle fünf Jahre verdoppeln, wird der Personalnachschub aus Lübeck bald nicht mehr ausreichen. Wir werden uns zukünftig in Mecklenburg-Vorpommern und vor allem in Sachsen weiter ausdehnen.

 

Das Thema ›Impfen‹ ist ein weltweiter Dauerbrenner. Die Zahl der Impfverweigerer wächst, da in Impfstoffen Substanzen, wie etwa Aluminium, vermutet werden, die dem Menschen mehr schaden, als nützen. Sind die Sorgen der Impfgegner berechtigt?

Prof. Stöcker: Was das Impfen betrifft, stellen wir Reagenzien her, mit denen man den Impferfolg kontrollieren kann. Ich plädiere dafür, dass Infektionskrankheiten prophylaktisch mit Schutzimpfungen bekämpft werden, wo immer es möglich ist. Impfprogramme setzen voraus, dass sich möglichst viele Menschen beteiligen. Sie schützen sich mit der Impfung ja nicht nur selber, sondern sie helfen, dass sich die entsprechenden Infektionen nicht weiter ausbreiten. Nur Personen mit erhöhtem Impfrisiko sollten außen vor bleiben. Selten zeigen die Impfungen relevante Nebenwirkungen, insgesamt überwiegen aber die Vorteile der Impfungen deutlich, weshalb eine konsequente Durchimpfung der gesamten Bevölkerung – wie es vormals in der DDR durchgeführt wurde – wünschenswert ist.

 

Wie steht es mit Ebola? Es wurde hysterisch vor einer unkontrollierten Pandemie gewahrt, die Millionen Tote zur Folge haben könnte. Impfgegner werfen der Pharmaindustrie vor, solche Krankheiten für Ihre Zwecke auszunutzen, um, wie bei der Vogelgrippe, ihren Umsatz satt zu steigern. Vereinzelt ist sogar zu hören, dass die Krankheiten aus diesen Kreisen absichtlich verbreitet werden. Was sagen Sie zu diesen schweren Vorwürfen an die Pharmaindustrie?

Prof. Stöcker: Ebola ist eine äußerst gefährliche Erkrankung, die zwar bislang, gemessen an der Sterbestatistik, nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat, der man sich aber mit allergrößter Vorsicht annehmen muss. Ganz bestimmt hat die Pharmaindustrie nicht dazu beigetragen, die Krankheit zu verbreiten. Die Firma Euroimmun hat innerhalb weniger Wochen Entwicklungszeit Reagenzien geschaffen, mit denen man Ebola schnell diagnostizieren kann, sie werden in Afrika erprobt.

 

Schon vor längerer Zeit wurde die DNA-Sequenz des Menschen vollständig entschlüsselt. Rein theoretisch wäre es möglich, mit diesem Wissen nach der Quelle der Hochbegabung zu suchen und Eltern zu kleinen Einsteins oder Lise Meitners zu verhelfen. Fluch oder Segen?

Prof. Stöcker: Ich halte es für durchaus möglich, dass man aufgrund der Kenntnis der DNA-Sequenz eines Menschen oder Tieres Selektion betreiben kann. Es ist sogar wünschenswert, wo man dadurch die Ausbildung schwerwiegender Krankheiten vermeiden kann. Ich gehe davon aus, dass irgendwann solcher Fortschritt in manchen Ländern genutzt werden wird, um Phänotypen mit bestimmten positiven Eigenschaften zu erzeugen. Das ist vielleicht ein zwangsläufiger neuer Schritt der Evolution, man wird die Bedenkenträger nicht lange fragen. Ich habe zum Glück nicht darüber zu entscheiden.

 

Ihr Unternehmen ist mittlerweile auf der ganzen Welt zuhause. Zwischen verschiedenen Staaten werden Freihandelsabkommen geschlossen, damit die Handelsbeziehungen noch enger werden. Der Autor Erik S. Reinert ist in seinem Buch ›Warum manche Länder reich und andere arm sind‹ zum Ergebnis gekommen, dass Freihandel nur unter wirtschaftlich ebenbürtigen Partnern von Vorteil ist. Hingegen werden schwächere Länder durch den Wegfall der Zölle recht schnell ihrer Industrie beraubt. Was sagen Sie dazu aus der Sicht Ihrer Erfahrung?

Prof. Stöcker: Freier Handel zwischen den verschiedenen Ländern ist immer nützlich für uns. Euroimmun liefert seine Produkte nicht nur an reiche Länder, sondern auch an arme. Wir haben zum Beispiel vor 20 Jahren angefangen, uns in China zu etablieren. Damals konnte man das Land noch nicht als reich bezeichnen. Aber hier hat sich gezeigt, dass man einen leistungsschwachen Markt entwickeln kann, indem man ihn erst einmal subventioniert und die Kunden unterstützt. Wir haben sie in unseren Schulungszentren eingearbeitet, ihnen Reagenzien zu günstigen Konditionen verkauft und dazu beigetragen, dass sie Schritt für Schritt mit etablierten Ländern gleichziehen konnten. Heute ist China unser stärkster Markt. Genauso haben wir auch die Laboratorien in Ostdeutschland gleich nach der Wende subventioniert und sie in die Lage versetzt, mit dem Westen gleichzuziehen. Je weniger Zollschranken es gibt, desto besser.

 

Früher gab es zwischen den deutschen Kleinstaaten einen regelrechten Wohlstands-Wettbewerb. Ob Bildung, Ernährung oder Wohnqualität, jeder Herrscher wollte den deutschen Nachbarländern zeigen, dass es seinen Bürgern am besten geht. Anders in der EU. Hier sieht man jede Menge Elend, Millionen verzweifelte Menschen ohne Arbeit, Bürger, die irre Steuerlasten zu schultern haben und die zu allem Überfluss befürchten müssen, dass ein Krieg im Nachbarland Ukraine, den nicht zuletzt EU-Akteure mitverschuldet haben, auf ihre Heimat übergreift. Sollte das Projekt EU nicht besser beendet werden?

Prof. Stöcker: Wettbewerb zwischen den Ländern ist immer eine gute Sache, deshalb können die Länder dennoch in einem gemeinsamen Gebilde wie der EU organisiert sein. Für uns bedeutet die Vereinigung der europäischen Länder eine große Vereinfachung: Die Zollschranken sind gefallen, gleichzeitig eine Menge Bürokratie. Es gibt keine Grenzen mehr, an denen man schikaniert wird. Und wir haben eine gemeinsame Währung. Der Euro für die unterschiedlich wohlhabenden Länder Europas kommt meiner Auffassung nach den Armen und den Reichen in gleicher Weise zugute. Es gibt ja zum Beispiel auch in Deutschland arme und wohlhabende Leute, die mit der gleichen Währung zahlen können.

 

Selbstverständliche, humanitäre Hilfe kann mittlerweile von mafiösen Banden ausgenutzt werden. Diese verdienen sich eine goldene Nase, indem sie Wirtschaftsflüchtlinge auf abenteuerlichen, lebensgefährlichen Wegen in die EU schaffen. Wer, wie Sie, sich klar und deutlich zum Missbrauch des Asylrechts äußert, wird von einem medialen Mob massiv angegriffen. Was war der Grund für diese Angriffe auf Ihre Person?

Prof. Stöcker: Flüchtlinge aus Kriegsgebieten dürfte man nicht gewissenlosen Schleusern überlassen, sondern die zivilisierten Länder müssten deren sichere Überfahrt organisieren. Die gefährlichen Schiffsreisen der Wirtschaftsflüchtlinge müssten von Polizei und Militär derjenigen Staaten unterbunden werden, wo sie an Bord gehen, gleichgültig was eine internationale, angeblich mildtätige Gesinnungsmafia dazu vermeldet. Es gibt Interessengruppen, die von solcher Asylanten-Industrie profitiert – Hunde kläffen, wenn man ihnen auf den Schwanz tritt, deshalb hat man versucht, mich zu diskreditieren. Und ein paar Provinzpolitiker der Stadt Lübeck, denen ohnehin nicht zu helfen ist, haben versucht, sich auf meine Kosten zu profilieren und Kapital aus dem vermeintlichen Skandal zu schlagen, den die SPD-Presse inszeniert hat.

 

Interessant ist, dass die Sie diffamierenden Zeitungen teilweise zum Medienimperium der SPD gehören. Sollte es verboten werden, dass politische Parteien an derart vielen Zeitungen sich beteiligen können?

Prof. Stöcker: Dass die SPD bei vielen Verlagen über eine konstruktive Mehrheit verfügt, halte ich für einen unhaltbaren Zustand, im Vergleich dazu waren die Parteispendenskandale der Vergangenheit Bagatellen. Die meisten Menschen durchschauen diese Unredlichkeit nicht, und die SPD kann auf diesem Wege für sich Reklame machen und die Wahlen beeinflussen. Oder sie kann ihre mediale Macht einsetzen, Stimmung gegen eine integre Persönlichkeit zu machen, die nicht nach ihrer Pfeife tanzen will, wie im meinem Fall. Ich würde es verbieten, dass politische Parteien sich an Verlagen beteiligen. Ein (einziges) Presseorgan kann jeder Partei zugestanden werden, aber die Assoziation muss deutlich offengelegt werden, jedem Leser auf jeder Ausgabe sichtbar.

 

Bestätigen die Flüchtlinge aus aller Herren Länder nicht indirekt, dass die Entwicklungshilfe ein Schuss in den Ofen ist? Was würden Sie hier anders machen?

Prof. Stöcker: Ich bin sicher, dass Entwicklungshilfe einen Nutzen hat. Wir sollten es als unsere Verpflichtung ansehen, die armen Länder stärker unterstützen, und ihnen vor allem beibringen, sich selber zu helfen. Und nicht ihren Repräsentanten millionenweise Dollars zuschieben, von denen sie sich dann goldene Badewannen kaufen. Es ist jedenfalls Unsinn, wenn man die fähigsten Leute aus den Entwicklungsländern abwirbt und sie auf Dauer bei uns integriert, während wir unsere Entwicklungshelfer in deren Heimat schicken, die dort eine florierende Wirtschaft aufbauen sollen.

 

Sie warnen davor, dass Deutschland sein Erbe verspielt, wenn weiterhin die Tore bedingungslos geöffnet werden. Sie schlagen vor, dass der Bundestag für das Treffen solch weitreichender Entscheidungen mit Zweidrittelmehrheit wie bei einer Gesetzesänderung beteiligt werden müsste, um derartige Fehlentwicklungen zu vermeiden. Der ehemalige FDP-Politiker Frank Schäffler hat jedoch bereits deutlich gemacht, dass Abgeordnete regelrecht erpresst werden, wenn sie nicht im Sinn der Partei abstimmen. Wäre es daher nicht besser, wenn die Wähler in einer Volksabstimmung festlegen, was in Deutschland in Sachen Zuzug beziehungsweise Asyl zu geschehen hat?

Prof. Stöcker: Es sollte eine Sache des Bundestages sein, festzulegen, ob Wirtschaftsflüchtlinge in unbegrenzter Zahl nach Deutschland einströmen oder Kriegsflüchtlinge ein permanentes Bleiberecht erhalten dürfen. Die Abgeordneten sollten frei und ohne Fraktionszwang entscheiden, wie es das Grundgesetz vorschreibt. Aber wenn sie bestimmen sollten: „Tore auf!“, dürften sie das nur mit einer Zweidrittelmehrheit, wie bei einer Änderung des Grundgesetzes, weil es ja um unser aller Eigentum geht, das da preisgegeben werden soll. Falls eine Volksabstimmung abgehalten würde, sollte man verhindern, dass die Zeitschriften und Medien, die sich ganz oder teilweise in der Hand der SPD befinden, in dieser Sache auf die Meinung der Bevölkerung Einfluss nehmen. Denn ihre Motivation ist klar: Nahezu alle Einwanderer, wie auch die meisten unserer türkisch-stämmigen Mitbürger, wählen die SPD. Nur mit deren Hilfe könnte sie es vielleicht noch einmal schaffen, die Unionsparteien zu überflügeln.

 

Religionen haben die Menschheit sehr am Fortkommen gehindert, wie die Geschichte und die Gegenwart zeigen. Sollten Religionen daher, ebenso wie alle diesbezüglichen Symbole, aus Schulen sowie Universitäten verbannt und Hetzer, egal von welcher Religion, sofort mit Predigtverbot beziehungsweise Ausweisung bestraft werden?

Prof. Stöcker: Wie Sie sagen, sollte die Religion aus dem öffentlichen Leben verbannt werden und sie sollte nur Raum in den Kirchen bekommen oder zu Hause. Weltweit würde ich solche Kirchen, in denen die Prediger ungestraft zum Morden anstiften, nach vorheriger Warnung im Wiederholungsfall dem Erdboden gleichmachen.

 

Die Bewegung Pegida wird mit allen Mitteln bekämpft. Die hier aktiven Menschen weisen auf eine fatale Entwicklung hin, die das Zusammenbrechen der staatlichen Ordnung zur Folge haben wird. Warum unterstützen eigentlich viel zu wenige Unternehmer und Verbände diese Aussage? Immerhin ist auch ihr Lebenswerk bedroht, wenn in zu kurzer Zeit zu viele Menschen aus einem völlig anderen Kulturkreis hierherkommen und die staatliche Ordnung zusammenbricht?

Prof. Stöcker: Wenn alle klugen Menschen zusammenhelfen und ihren Willen deutlich bekunden, werden nicht mehr Menschen aus dem Ausland zu uns kommen als wir verkraften können, dann wird unsere staatliche Ordnung auch nicht zusammenbrechen. Man darf sich nicht von dem Gesinnungsterror einschüchtern lassen.

 

Viele Migranten sprechen selbst in der zweiten und dritten Generation kein fließendes Deutsch. Ein klares Zeichen dafür, dass man sich mit diesem Land nicht identifizieren will. Sollten solche Leute ausgewiesen werden, um denjenigen Platz zu machen, die sich wirklich integrieren wollen?

Prof. Stöcker: Aus meiner Sicht soll man niemanden vor die Tür setzen, der schon in der zweiten oder dritten Generation bei uns lebt. Man muss solche Menschen aber ermutigen, sich zu integrieren. Falls sie in ihrer Ursprungsheimat beruflich bessere Chancen haben als bei uns, sollte man ihnen das verdeutlichen.

 

Aktuell bewerben Ideologen in Deutschland eine abartige sexuelle Vielfalt. Die Experimentatoren treten zudem für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein. Jeder kann dann selbst wählen, ob er arbeiten oder bei Unlust lieber die gebratenen Tauben aus der Luft pflücken will. Deutschland ein Gaga-Land?

Prof. Stöcker: Man sollte nicht das Abartige immer wieder in den Vordergrund stellen, sondern das Normale. Und wer nichts arbeitet, soll auch nichts essen, jedenfalls nicht leben wie im Schlaraffenland.

 

Wer das Abenteuer ›Familie mit Kindern‹ gewählt hat, wird zwar zunächst gefördert und unterstützt, fällt jedoch spätestens dann wieder in den alten Status – inklusive Lohnsteuerklasse eins – zurück, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Wäre es nicht sinnvoll, die Elternrolle später wenigstens über eine günstige Steuerklasse zu würdigen?

Prof. Stöcker: Ich habe bei meinen sechs Kindern nicht nach Steuervorteilen gefragt, sondern sie sind einfach eines nach dem anderen gekommen. Meine Rente ist mir sicher.

 

Sie betreiben als einer der wenigen Unternehmer eigene Kindergärten. Ihre Firma Euroimmun bietet Platz für über 150 Kinder. Sie lassen sogar die schulpflichtigen Kinder von einem Fahrer aus der Schule abholen und in einen Hort bringen. Wie könnten andere Unternehmer motiviert werden, es Ihnen gleichzutun? Gibt es Zahlen beziehungsweise weitere Argumente, die Ihr Modell als Win-Win-Modell ausweisen?

Prof. Stöcker: Ein guter Teil unseres Geschäftserfolgs beruht darauf, dass unsere hochqualifizierten Kollegen nur wenige Monate lang aus dem Arbeitsbetrieb ausscheiden, wenn sie Kinder bekommen. Wir können jedem Unternehmen nur empfehlen, sich dieses Modell zu eigen zu machen. Kleinere Unternehmen können sich mit anderen zusammenschließen, um so etwas zu organisieren. Sie machen die Eltern glücklich – und deren Wohl liegt einem guten Unternehmer genauso am Herzen wie das eigene.

 

Wer das Lebensmodell der Selbstständigkeit wählt, erlebt in Deutschland keine Willkommenskultur. Während Asylanten hingebungsvoll durch den deutschen Behördendschungel geführt werden, um an die Honigtöpfe des Sozialstaats zu gelangen, muss der Selbstständige unverschämteste Krankenkassenbeiträge aufbringen, wird von der IHK zur Zahlung eines Zwangsbeitrags aufgefordert und darf an die GEZ für das beruflich genutzte Privatauto erneut die bereits bezahlte Rundfunkgebühr entrichten. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Prof. Stöcker: Nicht nur die Unternehmer, sondern auch alle andern müssen Steuern und Gebühren für alles Mögliche zahlen, und sie werden von mancher Behörde gemaßregelt, bevormundet und drangsaliert. Da wünsche ich mir als Selbstständiger keine Sonderregelung. Aber ich wünsche mir, dass wir von den Protagonisten des Amtsschimmels so viele wie möglich auf den Mond schießen. Den Behörden-Irrsinn abzuschaffen ist eine Sisyphus-Aufgabe.

 

Innovative Unternehmen wie Euroimmun benötigen viel Personal mit Universitätsabschluss. Können Sie feststellen, dass das Wissen darunter gelitten hat, nachdem man die Unis auf Master- und Bachelor-Abschlüsse umstellte?

Prof. Stöcker: Wir haben in den letzten Jahren so viele hochkarätige Abgänger von Universitäten und Fachhochschulen aufgenommen, mit Diplom- oder Master-Abschluss, mit denen wir auf vielen Gebieten unseren Fortschritt gestaltet haben. Ein großer Teil der Ausbildung findet im eigenen Unternehmen statt – wir kommen gut zurecht.

 

Sie haben viele Jahre mit der Lübecker Uni zusammengearbeitet und mehrere wissenschaftliche Projekte gemeinsam verfolgt. Nun haben Sie mit dieser Universität jede Zusammenarbeit aufgekündigt und auch die Fördermittel von einer Million Euro gestrichen. Was hat das für einen Hintergrund?

Prof. Stöcker: Die finanzielle Förderung der Universität zu Lübeck haben wir eingestellt, weil ihr Präsidium eine der wichtigsten Grundregeln der Demokratie, nämlich die Meinungsfreiheit, in diesem Falle des Vorstandsvorsitzenden der Firma Euroimmun, nicht respektiert und ihn öffentlich diffamiert hat. Wir haben damit aber nicht alle Kooperationen mit der Lübecker Universität eingestellt. Viele Projekte werden fortgesetzt. Wir beteiligen uns auch weiter an der Ausbildung von Doktoranden und Master- und Bachelorstudenten. In Zukunft werden wir uns stärker in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen umsehen.

 

Welche Pläne haben Sie mit Euroimmun noch? Gibt es neue Produkte oder neue Märkte, die Sie demnächst angehen werden?

Prof. Stöcker: Auf dem Gebiet der Autoimmundiagnostik ist Euroimmun das weltweit führende Unternehmen, und zwar in wissenschaftlicher, technologischer und kommerzieller Hinsicht. Diese Position werden wir weiter ausbauen, aber auch die Branchen Infektionsdiagnostik, Allergologie und Humangenetik. Große Bedeutung hat unser Gerätebau erlangt, wir stellen unter vielem anderen Analysegeräte und hochleistungsfähige vollautomatische Mikroskope her, für die es weltweit keinen Vergleich gibt. Demnächst werden auch Pathologen technische Lösungen von Euroimmun angeboten bekommen, von denen sie bisher noch nicht einmal geträumt haben.

 

Herr Prof. Stöcker, vielen Dank für das Interview.

 

Quelle: Welt der Fertigung, Ausgabe 06. 2015.

Interview mit Prof. Dr. med. Winfried Stöcker: Aufstand der Anständigen

Asylpolitik, Systemmedien, Rufmord

Prof. Dr. med. Winfried Stöcker, Görlitzer Unternehmer, sorgte Ende 2014 für Aufsehen, als er gegenüber der Sächsischen Zeitung ehrlich Stellung bezog zur Flüchtlingspolitik in der BRD und konstruktiv begründete, warum er ein Benefizkonzert in seinem Kaufhaus ablehnte. Obgleich Eigentümer solcher Einrichtungen keinerlei Begründung abgeben müssen, tat es Winfried Stöcker dennoch, aus seinem humanen Verantwortungsbewusstsein heraus. Bereut er inzwischen seine offene Art? Welche Konsequenzen ergaben sich daraus? Buergerstimme wollte es genau wissen und fragte direkt.

 

Buergerstimme: Herr Stöcker, Sie haben im Dezember 2014 Ihr Kaufhaus nicht für ein Flüchtlings-Benefizkonzert zur Verfügung gestellt und geäußert: „den Missbrauch unseres Asylrechtes unterstütze ich nicht.“ Infolgedessen entstand eine Rufmordkampagne sondergleichen. Man beschimpfte Sie, erhob lautstark Rassismus-Vorwürfe. Darüber hinaus erstatteten der „Zentralrat der afrikanischen Gemeinde in Deutschland”, die „Türkische Gemeinde Schleswig-Holstein” sowie weitere politische Aktivisten Anzeigen wegen Volksverhetzung. Wie haben Sie sich im ersten Augenblick gefühlt? Was hat Ihre chinesische Frau gedacht, die ja nun sehr genau weiß, dass ihr Mann von Rassismus weit entfernt ist, gar Menschen aller Nationen in seinem Unternehmen beschäftigt?

Winfried Stöcker: Mir war klar, dass nicht jeder meine im ersten Interview geäußerte Auffassung teilt. Dass aber die Sensationspresse in Görlitz und in Lübeck daraus so einen Skandal macht, damit habe ich nicht gerechnet. Dann gingen gleich auch noch der Görlitzer Bürgermeister, einige Möchtegern-Politiker in Lübeck und der neugewählte Präsident der Lübecker Universität auf Distanz. Außerdem gab es eine Lawine von Beschimpfungen im Internet. Bei so viel hasserfüllter Opposition hatte ich erst einmal das Gefühl, mich ins Unrecht gesetzt zu haben. Wohl habe ich mich dabei nicht gefühlt. Aber dann habe ich auch immer mehr zustimmende Briefe bekommen, von ernstzunehmenden Leuten, die mir Mut gemacht und mich aufgefordert haben, das Ganze durchzustehen und mich nicht abbringen zu lassen. Oder man hat mich immer wieder auf der Straße oder Veranstaltungen angesprochen und mich bestärkt. Meine Frau, meine Mitarbeiter und viele Freunde aus der ganzen Welt haben mir bekundet, hinter mir zu stehen.

 

Buergerstimme: Angestellte Ihres Unternehmens schätzen das sehr gute Arbeitsklima, stehen geschlossen hinter Ihnen. Zuspruch seitens Ihrer Frau und den Angestellten ist viel wert inmitten solcher Zeiten, aber welche Veränderungen bemerkten Sie im restlichen Umfeld? Haben sich Freunde von Ihnen distanziert? Erhielten Sie vielleicht sogar ernste Drohungen?

Winfried Stöcker: Erst einmal habe ich den Hinweis erhalten, dass doch einige meiner türkischen Kollegen missgestimmt waren, obwohl ich das Thema früher des Öfteren angesprochen hatte. Hier haben wir uns zusammengesetzt, und ich wurde darauf hingewiesen, dass der früher stattgefundene rasante Zustrom inzwischen abgeebbt ist. Ich habe mir eingehendere Gedanken dazu gemacht, man kann das in einer Stellungnahme auf meiner Homepage lesen. Bis auf zwei Ausnahmen hat in der Firma niemand Kritik geäußert, alle haben mich richtig verstanden, sie kennen auch meine oft sarkastische Ausdrucksweise. Von allen Seiten habe ich gehört “Wir stehen hinter Dir“. Wir haben ein sehr offenes Verhältnis untereinander, es kann trotzdem sein, dass mancher meine Meinungen nicht teilt und still geblieben ist, was aber nicht nötig wäre. Ich hatte eine Diskussion in etwas größerem Rahmen angeregt, es haben aber nur zwei Einzelgespräche stattgefunden. Von Seiten unserer Kunden gab es einigen Erklärungsbedarf, wir haben aber nichts von einer geschäftlichen Abstinenz gespürt, im Gegenteil, unser Umsatzvolumen ist in den ersten drei Monaten um 25% angestiegen. Bedroht hat mich niemand.

 

Buergerstimme: Hand aufs Herz, Herr Stöcker, würden Sie Journalisten der Systemmedien jemals wieder so ein spontanes Interview geben oder gestellte Fragen, mediale Vorgehensweisen gründlicher überprüfen, um einer dermaßen vehementen Medienhetzjagd zu entgehen, welche mitunter belastend? Finden Sie es korrekt, dass man Ihre Aussagen verzerrte, die Richtigstellung zum vorangegangenen Interview hingegen medial kaum Interesse weckte?

Winfried Stöcker: Ich halte mich inzwischen mit Interviews gegenüber SPD-gesteuerter Presse (wie Sächsische Zeitung, Lübecker Nachrichten und Nordbayerische Nachrichten) zurück. Trotzdem war es richtig, dass ich mich gegen die aktuelle verfehlte Asylpolitik gewendet habe – wie gesagt, gegen die Asylpolitik, nicht gegen die Fremden, dieser Unterschied wird von vielen absichtlich übersehen, um einen Grund dafür zu haben, die Schmutzkampagne noch ein wenig aufrechtzuerhalten und meine Glaubwürdigkeit infrage zu stellen. Die Hetzjagd hat sich zwar sehr auf mein Gemüt gelegt, aber ich habe das sichere Gefühl, meiner Pflicht gerecht geworden zu sein. Deshalb bleibe ich auch bei allem, was ich gesagt habe. Immer wieder wird ein Jesus Opfer der aufgehetzten Massen, aber mir können sie nicht so viel anhaben.

 

Buergerstimme: Seit dem 12. März 2015 ermittelt die Staatsanwaltschaft Görlitz gegen Sie wegen Volksverhetzung. Befürchten Sie schwerwiegende Konsequenzen? Haben Sie den Glauben an Meinungsfreiheit dadurch verloren? Räumten Ihnen öffentliche Vertreter die Möglichkeit ein, Ihre Aussagen im Nachhinein genauer zu erläutern?

Winfried Stöcker: Diese immer wieder hervorgekramten Berichte über die Anzeigen gehören zur Schlammschlacht. Sie sind aus der Luft gegriffen und dienen nur dem Zweck, mich schlecht zu machen und meine Bekenntnisse in Frage zu stellen. Ich verlasse mich auf mein Recht auf freie Meinungsäußerung und fürchte mich nicht davor.

 

Buergerstimme: Der Name Stöcker steht neben sehr guten Arbeitsbedingungen für soziale Verantwortung. So eröffneten Sie unter anderem einen betriebseigenen Kindergarten, welcher entsprechend hochgradig ausgestattet ist. Ist das Ihre Lebenseinstellung, etwas zurückzugeben, im gesunden Miteinander zu leben?

Winfried Stöcker: In meinem Einflussbereich verhalte ich mich so, wie Immanuel Kant es vorgeschlagen hat, dass man seine Mitmenschen behandeln soll, wie man erwartet, dass sie mit einem selber umgehen. Dazu brauche ich allerdings keine Arbeitsanleitung des Philosophen, sondern ich bin von Natur aus so angelegt. Faires Miteinander, Respekt vor den Kollegen, Arbeitsbedingungen, dass man gerne in die Firma kommt, man ist ja das halbe Leben auf Arbeit. Und ich sehe meine Kollegen keineswegs als Untergebene an, sondern ich bin ihnen dankbar, dass sie mir helfen, meine vielen Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu realisieren. Aus dieser Sicht ergibt sich auf ganz natürliche Weise ein freundschaftlicher und familiärer Umgang, über den sich manche Besucher oft wundern.

 

Buergerstimme: Neutral schilderten Sie die Ist-Situation unseres Landes. Tatsächlich müssten Menschen erst einmal Hilfe vor Ort erhalten. Sehen Sie ein politisches Kalkül hinter Deutschlands Flüchtlingspolitik? Wo liegen Ihrer Meinung nach die Ursachen bezüglich erkennbarer Missstände? Zweifelsohne merkwürdig, dass wirklich Hilfesuchende schlecht untergebracht, andere Flüchtlinge allerdings alles bekommen. Wie sehen Sie das ganze Szenario heute?

Winfried Stöcker: In meinen Beruf werde ich tagtäglich mit Aufgaben konfrontiert, die es zu lösen gilt, in Forschung, Entwicklung, beim Ausbau von Immobilien oder was sich im Betriebsablauf ergibt. Viele meiner Erfindungen begründen sich auf meine besondere Begabung, schnell und treffsicher ein Manko oder einen Missstand zu erkennen – wo die Probleme liegen, und wie man sie am besten lösen kann. Deshalb gelange ich oft zu einer Einschätzung, die andere nicht teilen. In meiner Firma kann ich aber die Richtung vorgeben, und deshalb ist sie so überaus erfolgreich. Meine Stellungnahme zur Asylpolitik kann man auf meiner Homepage nachlesen, da habe ich einiges aufgezeigt, was weiterführen könnte. Europa müsste erst einmal alles dafür tun, dass diese Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika daran gehindert werden, sich in ein Boot zu setzen. Sie alle voller Mildtätigkeit bei uns hereinzulassen, gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit, sich damit zu brüsten, sie herzlich willkommen zu heißen, sie dann aber in Ghettos einzusperren – für so viel Beschränktheit kann ich keinen Respekt aufbringen.

 

Buergerstimme: Wir möchten uns für Ihre offenen Antworten recht herzlich bedanken und wünschen Ihnen alles erdenklich Gute. An dieser Stelle wollen wir Ihnen Gelegenheit geben, den Menschen da draußen noch eine kleine Botschaft mit auf den Weg zu geben.

Winfried Stöcker: Lassen Sie sich Ihr demokratisches Recht auf Selbstbestimmung und Meinungsfreiheit nicht nehmen, weder von Politikern, noch von arroganten Journalisten, die glauben, Ihnen vorschreiben zu dürfen, was Sie zu denken und zu sagen haben, und die einfältig und überheblich auf Menschen herabblicken, deren stichhaltige Beweggründe sie nicht durchschauen.

 

Quelle: Buegerstimme in Interviews, 21.04.2015

EUROCantat-Weihnachtskonzert 2014

Aufgenommen am 12.12.2014

 

Zwetschgenkuchen

Zur Zwetschgen-Saison verrate ich Euch ein tolles und einfaches Kuchenrezept:

Einen Würfel Hefe zerkleinert in Rührschüssel geben und in einer Tasse Milch auflösen (macht die Knetmaschine). Unbedingt Sterilmilch verwenden, mit normaler Milch arbeitet die Hefe nicht. Kein Kochsalz dazugeben, das tut der Hefe auch nicht gut. Dann vier Handvoll Weizenmehl (Nr. 405) und eine halbe Handvoll Zucker dazu. Das ganze von der Maschine durcharbeiten lassen, bis sich ein knetbarer Teig ergibt.

Mit einem Teller abdecken und bei 30 Grad eine halbe Stunde im Wärmeschrank inkubieren: Der Teig geht auf. Wenn er dann noch zu feucht ist, etwas Mehl hineinkneten. Teig ganz dünn auf etwas Mehl ausrollen, dabei immer wieder umdrehen, dass er nicht auf der Unterlage kleben bleibt. Auf eingebuttertes Kuchenblech legen, überstehenden Rand abschneiden – und nicht hochbiegen, der schmeckt sowieso nicht. Abdecken (zweites Kuchenblech) und nochmals eine Viertelstunde gehen lassen.

In der Zwischenzeit die Pflaumen waschen, halbieren und entsteinen. Kleine süße Zwetschgen verwenden (die „gut vom Stein gehen“), wie sie am besten im September und im Oktober auf den Markt kommen. Wir halten ein paar Kisten im Kühlraum und backen bis Dezember einen Kuchen nach dem anderen. Man kann die Zwetschgen quer halbieren, sodass je zwei Becherlein entstehen, die man so auf den Teig stellt, dass der Saft nicht ausläuft, dann weicht der flache Boden nicht auf.

Backblech aus dem Inkubator nehmen, der Teig ist jetzt von 3 Millimeter auf 6 Millimeter aufgegangen, wodurch er schön locker wird. Ganz dick Zimtpulver und etwas Zucker darüber streuen, dass kein Teig mehr durchschaut. Dann die Pflaumen eng nebeneinander in Reihen stellen, bis keine mehr draufpasst.

Der Streusel muss richtig zubereitet werden, dann wird er zum Clou eines guten Pflaumenkuchens: Er besteht aus drei gleichen Volumina Butter, Zucker und Mehl – ein halbes Pfund kleine noch feste Stücke Butter mit dem Zucker (nicht den ganz feinen) in einer Plastik-Rührschüssel mit einem Holz- oder Plastikstößel so lange bearbeiten, bis die Masse homogen ist. Zum Schluss das Mehl gründlich einmischen und die Streusel in groben Flocken über den Pflaumen ausbreiten. Die Streuselmasse während der Präparation ein oder zweimal zehn Minuten in den Kühlschrank setzen, um sie kühl zu halten, bis der Kuchen in den Ofen kommt, das macht die Flocken besonders zart.

Den Kuchenteig noch mal fünf Minuten bei 30 Grad Celsius gehen lassen, dann auf 180 Grad Celsius hochschalten und etwa 15-20 Minuten lang backen, die Streusel sollten eine sehr leichte Bräunung angenommen haben, dann raus aus dem Ofen und abkühlen lassen. Wenn man ihn gleich anschneidet, ist er noch feucht, nach zwei Stunden schmeckt er am besten. Falls der Boden etwas zu fest gerät, isst man den Kuchen einfach erst einen Tag später.

Den überschüssigen Teig kann man für eine tolle Pizza verwenden (mit Salami, Würfeln geräucherten Schinkens, entsteinten Oliven, Peperoni, Champignons, Tomatenscheiben belegen und Käse drüber reiben (Parmesan, Gruyère, Schweizer Emmentaler).

Jungs: Mit diesem Kuchen kriegt Ihr jedes Mädchen rum. Guten Appetit!

Im Kindergarten Süßigkeiten zwischendurch? Bitte nein!

Das Frühstück liegt schon eine Weile zurück, und die Kinder haben langsam wieder Hunger. Wenn man jetzt ihrem Verlangen nachgibt, Bonbons, Schokolade und Plätzchen zu sich zu nehmen oder süßen Saft zu trinken, beginnt ein Circulus vitiosus: Der Zucker wird inner­halb kurzer Zeit vom Darm resorbiert, und der Glucosespiegel im Blut steigt an, wodurch in physiolo­gi­scher Regelung der Appetit bis zu Beginn des Mittagessens vergeht. Die Kin­der quälen sich dann mit der ersten Viertelportion herum und lassen den Rest stehen. Von kulinarischem Genuss kei­ne Rede, sie kriegen den Teller einfach nicht leer, und es bedarf Löffel für Löffel vielen Zuredens und der Beschwö­rung der aller­liebsten Verwandtschaft. Weil das Bisschen, was man schafft, aber nicht lange vorhält, stellt sich kurz nach der Mahlzeit schnell wieder Hunger ein, und es geht erneut mit den zuckrigen Köstlichkeiten weiter.

Außerhalb der Mahlzeiten genossen, behindern Naschereien eine ausgewogene gesunde Ernährungsweise, manchmal sind sie sogar gefährlich für Kinder (und Erwachsene)! Sie sollten die Lebens­freude steigern, zur Unzeit konsumiert, rufen sie aber Ess-Störungen, Zahnschäden, Suchtverhalten und sogar tödliche Unfälle hervor. Jedenfalls ist ihr Beitrag zum Tagesbedarf an Kalorien kein vollwertiger Ersatz für qualifizierte Nahrungsmittel.

Mangelerscheinungen werden sich nur in Extremfällen manifestieren, dagegen ist Übergewicht eine der häufigen Konsequenzen gedankenloser Nascherei – bedingt durch zu viele Kohlenhydrate. Eine andere Folge dieses Lasters sind schlechte Zähne: Fruchtsäuren aus Bonbons oder Obstsaft greifen den Zahnschmelz an, wenn sie nur lange genug einwirken. Karies-Erreger fühlen sich unter Zahnbelag besonders wohl, den ihnen Salzstäbchen, Erdnußwür­mer und Bahlsen-Kekse hinterlassen haben, und den auch das gute von der Parotis sezernierte Ptyalin nicht mehr vollständig abdauen kann (das im Gegensatz zur Lehrmeinung eher die Funktion einer enzymatischen Zahnbürste besitzen dürf­te, als dass es zur Assimilation von Brot und Spaghetti beitrüge). Im Schutze des Stärkefilms über dem Zahn­schmelz und ausreichend mit Nährstoffen versorgt, vermehren sich Streptococcus mutans et al. schnell zu einer schlagkräftigen destruktiven Armada, die unsere Kinder in die Arme der Dentalmedizin treibt.

Nicht unterschätzen sollte man das Sucht-fördernde Potential des Naschens: Manche Kinder kön­nen sich nicht auf ihr Spiel oder ihre Schularbeiten konzentrieren, weil es sie alle halbe Stunden nach Süßig­keiten verlangt. Wenn die Zeit reif ist, werden einige von ih­­nen auf härtere Drogen um­stei­gen: Auf Alkohol oder andere Rauschmittel, im günstigeren, trotzdem gar nicht so harmlosen Fall auf Nikotin: Dann sind sie den ganzen Tag ans Qualmen zu denken gezwungen, ständig von Signalen aus dem Unterbe­wusst­sein angesta­chelt, sich wieder mal eine Zigarette anzustecken – oder lieber nicht, weil man gerade eine ausgemacht hat. Oder eben doch. Von Kindesbeinen an wurden sie andauernd von ihrer Beschäftigung abgelenkt – Gefangene einer oralen Stö­rung. Wer sich dann noch auf Pfeife spezialisiert hat, kommt zu gar nichts anderem, muss ständig mehrere Meiler in Betrieb halten – ein kluger Personalchef wird ihm keinen Job anbieten, obwohl sein Rauch am angenehm­sten duftet.

So manches Kind ist übrigens schon erstickt, weil ihm während des Spielens ein Bonbon in die Atemwege geraten ist. Deshalb sollten sich die Naschkatzen wenigstens an den Esstisch setzen, wenn sie etwas zu lutschen bekom­men, dann beschmieren sie nicht die ganze Wohnung und werden auch davon abgehalten, Drops und Sahnebonbons zu oft anzufordern.

Muß man den Kindern also alle Süßigkeiten vorenthalten? Auch dazu sagen wir eintschieden: Nein! Sie können beliebig viel Säfte, Schokolade und Zucker­schleckereien bekommen, nur alles zu seiner Zeit: Man gibt den Kindern am Tag drei ordentliche Hauptmahlzeiten – die Portionen überschaubar klein, damit unsere Gourmets nicht gleich kapitulieren, bei Bedarf reicht man lieber noch einen Nachschlag. Zum Essen wird Wasser getrunken, süße Getränke lieber erst  zum Ende hin, da sie wie Appetitzügler wirken. Die nächsten Gänge bestehen aus Salat und Obst, und wer aufgegessen hat, erhält (aber nur bei Tisch) soviel Schokolade oder Zuckerstückchen, wie er verlangt – da ist nämlich der große Hunger schon gestillt, und sie stopfen nicht so viel davon in sich hinein. Danach werden die Zähne geputzt. Je eine kleine Zwischenmahlzeit vor- und nachmittags hält den Glucose­spiegel in akzeptabler Höhe (Apfel, Banane, Müsli, Joghurt; die Zahnbürste bleibt im Ladegerät). Zu Trinken gibt es zwischendurch auf Anforderung nur Wasser oder ungesüßten Tee. Für die Lecke­reien verweist man auf die nächste Hauptmahlzeit.

Haben sich die Kinder einmal an dieses Regime gewöhnt, und hält man sich einigermaßen strikt daran, dann werden sie nichts vermissen. Sie spielen ungestört und kommen nicht permanent betteln (was bei einer Familie mit drei Kindern schon ziemlich lästig sein kann), weder Wohnung noch Auto werden mit Cola oder Orangensaft bekleckert, auf dem neuen Polstersofa bleiben keine klebrigen Lutscher oder Monsterkrümel liegen – und die Ökotrophologen werden sich freuen und uns loben!

Traditions-Flughafen Lübeck

Der Flughafen Lübeck besitzt ein großes, vielfach verkanntes Potential für die Wirtschaft des Nordens, für Wissenschaft und Tourismus – vorausgesetzt, er wird nicht unentwegt ausgebremst.

Lübeck ist eine weltbekannte attraktive Stadt, in der ein Unternehmer gerne seine Zelte aufstellt – aus touristischer Sicht erste Wahl. Eine der Attraktionen Lübecks ist auch die Universität, aus der heraus sich eine neue Wachstumsbranche entwickeln konnte, die Medizintechnik. Sie hat das Wegbrechen anderer Industriezweige kompensiert und bietet eine sinnvolle Ergänzung zu Landwirtschaft und Tourismus. Die Lübecker Hochschulmedizin zu schließen wäre eine Dummheit gewesen, man hätte Vertrauen verspielt, manche auf die Universität angewiesene Firma vertrieben oder Neugründungen verhindert.

Ein Technologie-orientiertes Lübecker Wirtschaftsunternehmen ist allerdings durch die Randlage der Hansestadt und die geringe Besiedlungsdichte der nördlichen Flächenstaaten schwer benachteiligt. Die Geschäftspartner sitzen nicht gleich um die Ecke, wie bei der Konkurrenz in Regionen um München, Stuttgart, Frankfurt oder Köln, sondern regional weiträumig verteilt.

Da sind wir, mehr als der Süden, auf Autobahnen angewiesen, möglichst ohne Tempolimit, und wir brauchen eine vernünftige Anbindung an den internationalen Flugverkehr, um Schritt zu halten. Deshalb wäre es aus unserer Sicht heute ebenso unsinnig, den Lübecker Flughafen dicht zu machen, wie vor zwei Jahren, die Hochschulmedizin zu liquidieren.

Auf unserem Globus entwickeln sich mit hoher Dynamik große neue Industriezentren, allen voran in China, Indien, Brasilien und in den Golfstaaten. Überall wo heute in der Welt „die Post abgeht“, richtet man zu allererst einen Flughafen ein. Man könnte sich die rasante Entwicklung in Schanghai, Peking oder Dubai ohne Flughäfen nicht vorstellen. Und ein Unternehmen, das weit ab vom Schuss im Norden Deutschlands seinen Sitz hat und über keine vernünftigen Flugverbindungen verfügt, hat es schwer, sein Wachstum zu organisieren. Man muss Firmen und Hochschulen im Süden Deutschlands und im Ausland zügig erreichen können, an Kongressen teilnehmen und Kunden besuchen. Wir warten seit Jahren auf direkte Flugverbindungen zwischen Lübeck und den großen Drehscheiben Frankfurt, München, Amsterdam oder Kopenhagen, und beneiden unsere Konkurrenz im Süden Deutschlands, die mit leistungsfähigen Flughäfen gesegnet ist.

Schleswig-Holsteins Startbahn befindet sich nicht in Fuhlsbüttel, wie unser Ministerpräsident Albig verlauten lässt. Ich vermisse bei der neuen Regierung unternehmerisches Denken und gesunden Menschenverstand. Da wünschte ich mir eine Koryphäe aus der Wirtschaft an die Spitze, und nicht einen Verwaltungsfachmann. Jemanden, der die Chancen im Blick hat, die der Lübecker Flughafen bietet, wenn er nur zum Einsatz käme, und nicht das Einspar-Potential, wenn man ihn schließt. Der sich nicht vor zwei Millionen Euro Anfangsverlusten im Jahr fürchtet, wo das Land später mit Hilfe des Flughafens hundert Millionen verdienen könnte. Der die Tradition achtet und nicht ideenlos unser Potential vernichtet.

Vor ein paar Jahren hat jemand in Augsburg beim Aufräumen ein verkommenes Bild auf dem Speicher gefunden und es zum Trödelmarkt gebracht. Ein cleverer Sammler hat es zufällig entdeckt und erworben. Er zeigte es einem Sachverständigen, und siehe da, es war ein Caspar David Friedrich. Das Gemälde wurde von fachkundiger Hand restauriert und bei Sotheby‘s versteigert, für 1,5 Millionen Dollar. Eine ähnliche Karriere wünsche ich dem Lübecker Flughafen – dass endlich auch die Politik den ideellen und den ökonomischen Wert dieses Traditions-Flughafens erkennt und ihn zum Nutzen der Region ordentlich ausbaut.

Über ein anderes Verkehrsprojekt wurde heftig diskutiert: Die Ostsee-Autobahn A20. Der Grönauer Bürgermeister und andere kluge Köpfe haben uns geweissagt, dass sich der Bau nicht rentieren würde. Wenn man aber heute bei Hornstorf auf der Autobahnbrücke steht und die vielen Autos die Strecke passieren sieht, freut man sich über die gelungene neue Ost-West-Verbindung – sie hat nicht nur den bestehenden Verkehr wesentlich erleichtert, sondern auch für einen zusätzlichen intensiven Austausch zwischen den beiden Nordstaaten gesorgt. Die Städte sind zusammengerückt.

Zwei Lehren ziehen wir aus dem Erfolg der Ostseeautobahn: Erstens soll man nicht auf notorische Pessimisten hören. Und zweitens, im Hinblick auf den Lübecker Flughafen: Das Angebot schafft die Nachfrage! Jetzt fordern wir wegen der Randlage des deutschen Nordens noch ein paar gute Flugverbindungen, um von Lübeck aus alle Destinationen der Welt ansteuern zu können – wieder gegen den Rat des Grönauer Bürgermeisters: Ein Indiz für die gute Prognose des Flughafens.

Wer heute aus Richtung Lübeck einen Flieger in Fuhlsbüttel erreichen will, muss erst einmal bis Hamburg kommen und dann die Stadt auf engen Straßen durchqueren. Man hat ausreichend Reservezeit einzuplanen, besonders wenn es gilt, einen wichtigen Anschlussflug in Frankfurt oder München rechtzeitig zu erreichen. Da steht man morgens um Fünf auf und ist dann teilweise einen halben Tag unterwegs, um nachmittags rechtzeitig um Drei in der Maschine nach New York zu sitzen.

Noch größer ist die Tortur für unsere Brüder und Schwestern im benachbarten Osten: Wer in Wismar oder Grevesmühlen wohnt, ist doch heute praktisch von der großen Welt abgeschnitten – wie in Zeiten des Sozialismus! Es wäre daher dringend geboten, dass Lübeck im Verbund mit Rostock einen Flugverkehr zu mehreren Großflughäfen organisiert. Eine Integration unserer Region in den Weltflugverkehr ist vielleicht für den Privat- oder Verwaltungsfachmann nicht so wichtig, der ein oder zwei Mal jährlich in Urlaub fliegt. Er könnte ruhig ein paar Stunden extra für den Umweg über Hamburg einplanen. Aber ein modernes Wirtschaftsunternehmen braucht bessere Flugverbindungen.

Unsere Startbahn ist Fuhlsbüttel, sagt der Verwaltungsfachmann. Er will uns in die zweite Reihe stellen. Jedenfalls soll es Lübeck nicht besser haben als Kiel! Natürlich ist Lübeck keine führende Weltstadt mehr wie vor 500 Jahren. Aber das ist der springende Punkt: Je mehr sich die Stadt aufgibt, umso tiefer wird sie in der Bedeutungslosigkeit versinken. Verbinden Sie zwei ungleichgroße Seifenblasen mit einem Strohhalm: Die große wird aus der kleinen die Luft heraussaugen.

In Lübeck wurden die meisten gehobenen Einrichtungs- und Kleidungsgeschäfte geschlossen, exquisite Produkte sind nur noch in Hamburg zu bekommen. Wo es sich lohnt, greift Hamburg zu, und nimmt der Stadt Husum die Windrad-Messe weg. Die Karriere eines ehrgeizigen Wissenschaftlers setzt internationale Vernetzung voraus, da zieht ein frisch ernannter Ordinarius für Gynäkologie doch lieber gleich noch einmal von Lübeck nach Frankfurt um, von wo aus er mit der wissenschaftlichen Society viel einfacher Verbindung halten kann.

Dass die EUROIMMUN AG sich in Lübeck angesiedelt hat, ist allein historisch bedingt und nicht dem Standort am Ende der Welt geschuldet: Der Gründer hat das Unternehmen aus der Lübecker Universität heraus entwickelt und war auf bestehende Kooperationen angewiesen, eine Verlegung des Firmensitzes in eines der Wirtschaftszentren Deutschlands hätte die Kontinuität und den Bestand der Firma gefährdet.

Wenn ein Kunde, Bewerber, Investor, Lieferant oder Vertriebsagent erst Hamburg anfliegen muss, um dann nach Lübeck weiter zu reisen, sind wir Lübecker gnadenlos im Hintertreffen: Er kann bei unserer Konkurrenz in Hamburg seine Ziele schneller erreichen und ist am selben Tag bequem wieder zu Hause. Dafür müssen wir als Lübecker Firma büßen: Wir machen Preisnachlässe, organisieren den Transfer und bezahlen dem Kunden oder Bewerber Mietwagen und Hotel.

Das Projekt MetropolRegion ist ohnehin leeres Stroh, viel Lärm um nichts, völlig unnötig, besser sollten Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern einen gemeinsamen Nordstaat gründen, um sich zu behaupten, ihre Interessen liegen nahe beieinander, und sie würden Verwaltungskosten sparen.

Welchen Nutzen könnte uns der Lübecker Flughafen einmal bringen? Die Existenz des Airports wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Hamburger von Lübeck aus zu günstigen Tarifen ihre Ferienziele erreichen – was heute vielleicht die meisten Passagiere bringt. Ob er als Reserve-Startbahn für Hamburg taugt, steht in den Sternen. Zuallererst geht es um die Verbesserung der Reisebedingungen im Osten Schleswig-Holsteins und in ganz Mecklenburg-Vorpommern.

Dazu brauchen wir die direkte Anbindung Lübecks an mehrere große Flughäfen. Der Tourismus wird gefördert, und zwar in beiden Richtungen: Wir erreichen unsere Ferienziele leichter, und der deutsche Norden wird den Urlaubsgästen besser erschlossen. Von hier kommen sie auch direkt auf die Fähre in Travemünde.

 

Die Wirtschaftskraft der hiesigen Industrie wird durch die Erleichterung technischer und wissenschaftlicher Kooperationen gestärkt. Neue Unternehmen, die auf einen gut frequentierten Flughafen angewiesen sind, werden sich niederlassen. Gesundheits-Tourismus nach Lübeck wird möglich: Die Spezialisten der Medizinischen Universität Lübeck können ihre Kunst einem weltweiten Patienten-Publikum anbieten (wer über Fuhlsbüttel einreist, bleibt in der Hamburger Universitätsklinik Eppendorf hängen).

Dass es im letzten Jahrzehnt mit dem Lübecker Flughafen nicht so richtig aufwärts gegangen ist, hat mehrere Gründe. Zum einen ist die Anbindung an den Straßenverkehr mit der neuen Bundesautobahn A20 erst vor kurzem abgeschlossen worden, vorher hatte der Westen Mecklenburg-Vorpommerns keinen rechten Zugang.

Vor allem traut sich aber keine Fluggesellschaft, in Lübeck neue Fluglinien einzurichten, weil die Zukunft des Flughafens ständig in Frage gestellt wird. Da gibt es ein paar Aktivisten, die jede Ausbaumaßnahme blockieren, indem sie unsere Gerichte missbrauchen. Die Stadt Lübeck bestimmt eine Person zum Chef des Aufsichtsrats, dessen Ehefrau den Flughafen mit Klagen überzieht!

Und die Politiker in Kiel wollen den Fortbestand des Flughafens von einer Finanzierung durch die Stadt Lübeck abhängig machen, die schon seit langem pleite ist – eine Kuriosität, wie wir sie sonst nur von den Schildbürgern her kennen. Kiel stellt Lübeck eine unlösbare Aufgabe, weil man der Schwesterstadt keinen Vorteil gönnt, egal wie hoch der Schaden für das Land ist.

Da der Flughafen nur zu einem kleinen Teil der Lübecker Bevölkerung zugutekommt, und viel mehr den beiden angrenzenden Bundesländern, muss der Flughafenbetrieb doch von den Ländern organisiert und bezahlt werden, und nicht von der Stadt Lübeck. Genauso wie Bundesstraßen und Autobahnen in der Region. Der Hafen kriegt meines Wissens auch Unmengen Geld vom Land für den Betrieb.

Werte Politiker in Kiel und in Lübeck: Geben Sie dem Lübecker Flughafen eine Perspektive von mindestens zehn Jahren, besetzen Sie den Aufsichtsrat der Flughafen-Gesellschaft mit Befürwortern, sorgen Sie dafür, dass die Gerichtsverfahren abgeschlossen werden, lassen Sie es zu, dass die Landebahn und die Rollbahn verlängert wird, schießen Sie ein paar Jahre lang jährlich 2 Millionen an Landesmitteln für den Geschäftsbetrieb zu und kooperieren Sie mit dem Rostocker Flughafen.

Dann werden Fluggesellschaften kommen und einen Linienverkehr organisieren. Der Flughafen wird in wenigen Jahren kostendeckend arbeiten. Der weitaus größte Nutzen wird sich aber nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung der Flughafen-Gesellschaft widerspiegeln, sondern in der Stärkung der Wirtschaftskraft der Region.

Es gibt in Lübeck mehrere Unternehmer, die bereit wären, einen neuen Anlauf zu nehmen und eine Airline zu gründen, die direkt von Lübeck aus mehrere deutsche Großflughäfen anfliegt, damit man von Schleswig-Holstein (Ost) und Mecklenburg-Vorpommern (West) aus Deutschlands Süden und weltweite Destinationen schnell erreichen kann.

Auch das Baltikum, Polen und Norditalien sollen bedient werden, um die Flugzeuge außerhalb der Hauptflugzeiten auszulasten. Voraussetzung wären aber eine verlässliche Perspektive und vernünftige politische Rahmenbedingungen. Wir werden uns daran beteiligen, obwohl wir mit Reagenzien für die Labordiagnostik mehr verdienen können.

Abschließend will ich Ihnen die Situation unseres Unternehmens verdeutlichen: EUROIMMUN stellt medizinische Labor-Reagenzien her, wir sind zurzeit 1.300 Mitarbeiter, die meisten von ihnen sind in Schleswig-Holstein (Lübeck, Groß Grönau) und in Mecklenburg-Vorpommern (Dassow) beschäftigt. Als modernes, weltweit vernetztes Unternehmen pflegen wir ständigen internationalen Kontakt mit Kunden, Geschäftspartnern und Wissenschaftlern. Wir leben von Forschung und Entwicklung, richten jährlich mehr als 25 wissenschaftliche Symposien aus und arbeiten mit über 50 Hochschul-Instituten zusammen. Unsere Partner müssen uns häufig besuchen, und wir müssen zu ihnen. Wir sind auf das Flugzeug angewiesen und warten auf  direkte Verbindungen zwischen Lübeck und den europäischen Drehkreuzen des Luftverkehrs.

EUROIMMUN hat einen eigenen Taxifahrer eingestellt, um jeden Monat 50 Gäste aus Hamburg abzuholen und sie wieder hinzubringen. Viele weitere Besucher besorgen sich einen Mietwagen. Und hunderte Flüge der eigenen Mitarbeiter werden jährlich über Fuhlsbüttel abgewickelt. Alles ist so umständlich, dass uns manche gute Gelegenheit einer Kooperation oder eines Geschäfts entgeht, teilweise ohne dass wir es bemerken.

Wir sind schnell gewachsen und haben unser Geschäftsvolumen in der Vergangenheit alle fünf Jahre verdoppelt. Ende 2012 werden wir 130 Millionen Euro umgesetzt haben. In fünf Jahren wird die Kapazität unserer deutschen Niederlassungen in Lübeck und Dassow ausgelastet sein, dann brauchen wir ein neues Firmengebäude, um 600 bis 1.000 Beschäftigte unterzubringen. Ich werde keine neue Niederlassung mehr einrichten, wo es keinen aktiven Flughafen in unmittelbarer Nähe gibt und sage hier klipp und klar: Sollte Kiel den Lübecker Flughafen schließen, werden wir die nächste große Erweiterung an unserem Standort in der Nähe von Dresden realisieren.

Ko-Existenz

Weihnachts-Ansprache

Bald feiern wir wieder Weihnachten. In der Adventszeit dieses Jahres ist an friedliche Besinnung nicht zu denken. Das halbe Arabien macht Revolution. Wie damals im Iran sind wir erst einmal wieder alle davon begeistert, bis die Ernüchterung kommt: In Ägypten meldet sich mit den Muslimbrüdern das Mittelalter zurück, mit der freien Entfaltung der Persönlichkeit ist es bald auf lange Zeit wieder vorbei und die Frauen bleiben Sklaven. Alles wird schlimmer als vorher, die Völker geraten vom Regen in die Traufe. Die Welt wird immer mehr zu einem Pulverfass, und die freien Länder legen die Hände in den Schoß.

Und unsere Zeitungen sind voll von Berichten über Gewalttaten gegen Ausländer in Deutschland. Endlich hat man die verblendeten Täter aufgespürt, und wir alle trauern noch einmal mit den Opfern und Hinterbliebenen. In Deutschland sind solche Terror­akte heute eine sporadische Randerscheinung, in dieser Hinsicht können Länder wie Indien, Afghanistan und Irak mehr bieten. Aber Ausländerfeindlichkeit ist hier zu Lande noch weit verbreitet. Wer keinen deutschen Pass besitzt oder eine bei uns seltene Hautfarbe, kann es immer wieder erleben, dass er angepöbelt oder sogar verprügelt wird.

Vorbehalte gegenüber Ausländern gibt es auf der ganzen Welt, kein Land ist immun dagegen. Dass die Menschen Gruppen bilden und sich die verschiedenen Gruppen voneinander abgrenzen, liegt in unserer Natur! Es ist sogar ein Gesetz der Evolution! Die einzige Möglichkeit, wie unsere neuen Mitbewohner diese Vorbehalte überwinden können, sehe ich darin, dass sie sich voll und ganz integrieren, unsere Sprache erlernen und sich anpassen, anstelle einen eigenen Staat in unserem Staate auszubilden. Der türkische Ministerpräsident Erdogan sät neue Gewalt, wenn er seinen nach Deutschland gezogenen Landsleuten einredet, sie seien in erster Linie Türken, und dann Deutsche. Für mich ist er ein verantwortungsloser Unruhestifter, der das langfristige Ziel hat, die Türkei auf Deutschland auszudehnen. Unsere ehemals türkischen Mitbewohner oder auch die jüdischen Kontingentflüchtlinge aus Russland sollen dagegen eine deutsche Identität voll und ganz annehmen, nur dann sind sie hier willkommen. Sie sollen sich ihren Ehepartner in Deutschland suchen und dabei in deutsche Familien hinein heiraten. Wer von uns Deutschen das System durchschaut hat, sieht die Einbahnstraße von Anatolien nach Deutschland als Missbrauch unseres Vertrauens an.

Liebe türkische Kollegen, die Deutschen erwarten von Euch Fairness. Eure Söhne sollen sich unter deutschen Töchtern umschauen, wir haben genug davon, hübsche und anständige Mädchen. Lasst Euch nicht von den Mullahs einreden, Allah hätte etwas dagegen. Ist Allah ein guter Gott, wird er sich freuen, wenn sich unser Blut vermischt. Ich schlage Euch jetzt etwas vor, nach alter Väter Sitte: Eure Kinder heiraten die unseren, dann haben unsere Enkel einen Migrationshintergrund von 50% und bei den nächsten Generationen wird es immer weniger. Und feiert zusammen mit uns Weihnachten, das Fest der Liebe – nicht nur als Kollegen, sondern als unsere Brüder und Schwestern.

Guckst Du.

Lübeck, 2011

Weihnachts-Ansprache 2005: Das Wunder des 17. Juni

Weihnachts-Ansprache 2005

Das letzte Jahr ist nach meinem Gefühl schneller vergangen als jedes andere davor. Mir kommt es vor als wären unsere letzten Weihnachtslieder gerade erst verklungen, und wir sind schon wieder versammelt, um unsere Adventsfeier hier abzuhalten. Wie kann es sein, daß einem die Zeit so schnell vergeht? Die Erklärung ist, daß sich inzwischen so viel ereignet hat: Man ist gar nicht dazu gekommen, zu reflektieren. Thomas Mann hat dieses Phänomen einmal zum Gegenstand eines Romans gemacht, dem Zauberberg, wo er dargestellt hat, daß jemandem die Zeit so gar nicht vergehen will, in dessen Leben sich wenig ereignet. Wenn er aber gegen Ende seiner Lebensspanne zurückblickt, hat er das Gefühl, sein Leben sei sehr schnell zu Ende gegangen. Aber einer der viel erlebt hat, spürt das Umgekehrte, ihm kommt sein vergangenes Leben rückblickend länger vor (so lang wie der ganze Roman Zauberberg, an dem man mindestens ein halbes Jahr lang liest).

Also bei EUROIMMUN sind im Jahr 2005 so viele Marksteine gesetzt worden, daß wir diesen Zeitraum so schnell nicht vergessen werden. Es war ein ausgesprochen erfolgreiches Jahr, auf allen Ebenen. Es war auch ein Jahr der Ernte, in dem wir von unserer Arbeit aus den Vorjahren profitieren konnten.

Wir konnten nach fünf Jahren Aufbauarbeit in unser schönes Haus 5 einziehen, haben die Anbauten in Groß Grönau fertiggestellt, im Kasernengelände eine neue technische Infrastruktur geschaffen, also grundlegend die Stromversorgung, Heizung, Warm- und Kaltwasser und Abwasser neu geschaffen – Grundlage für die weitere Expansion des Unternehmens.

Die Konstruktionsabteilung hat im Zusammenwirken mit den Elektronikern und Informatikern der Firma mehrere komplizierte und Aufsehen erregende Maschinen und Geräte entwickelt, Beispiele sind die Gerätesysteme der Bestückungstechnolo­gie für BIOCHIPs, die von weltweit anreisenden Fachbesuchern immer wieder bestaunt werden, eine geniale vollautomatische optische Auswertungseinheit (EUROLINE­Scan) für Westernblots, die unseren Umsatz um Millionen angehoben hat, und eine völlig neue, bei uns erfundene Beleuch­tungs­einrichtung. Was die Reagenzien anbetrifft, haben wir unsere Produktpalette maßgeblich fortentwickelt. Wo immer wir die Möglichkeit haben, unsere Diagnostika vor­zu­füh­ren, zollt man uns große Anerkennung und bewundert die Aktualität des Produktspek­trums und die Leistungsfähigkeit unseres Unternehmens. Durch die Umwandlung des Unterneh­mens in eine Aktiengesellschaft und den auch wirtschaftlichen Erfolg hat sich die Eigen­kapi­tal­situation gravierend verbessert, und wir sind finanziell in ruhiges Fahrwasser gelangt.

Viele meiner Träume haben sich erfüllt. Einer davon war mir ganz besonders wichtig: Der Wiederaufbau unseres Haupthauses in Rennersdorf, das dritte Gebäude nach dem Spinnsaal und dem Nebengebäude.

Wir haben das Haupthaus unter Erhaltung der altehrwürdigen Mauern großenteils abreißen und neu erstehen lassen. Heute vor einer Woche konnten wir das Richtfest feiern. Dieses Haus wurde 1839 zum ersten Mal erbaut, der Tuchbereiter Wiedemann hatte sich hier seinen Traum erfüllt, für 3000 Reichstaler unter Aufnahme eines Darlehens eine schöne kleine Fabrik erstehen zu lassen. 1935 hat das Grundstück mein Großvater Paul Stöcker gekauft, mit dem Geld der Großmutter, nach meiner Kenntnis für 26.000 Mark. Opa hatte sein ganzes Geld für seine vielen Erfindungen ausgegeben. Er hat dort mit dem Spinnen von Erntebindegarn angefangen, in ganz kleinem Maßstab.

Mein Vater hat den Betrieb seit 1945 fortgeführt, nachdem er aus dem Krieg heimgekehrt war. Auch er hat von etwas geträumt, nämlich von einer Grobgarnproduktion in großem Stil. Er erfand dazu eine Knotenquetsche, die es ermöglichte, Bindegarnenden zu verwerten. Das war Abfall der Landwirtschaft, den man wegen der Knoten nicht ohne weiteres wieder verspinnen konnte. Die Maschine meines Vaters hat die Knoten zwischen zwei Zahnwalzen auseinander gerissen, und man hatte in der Rohstoff-knappen DDR-Zeit das beste denkbare Ausgangsmaterial zur Verfügung: Sisal aus Vorkriegsware. Das Stöcker’sche Erntebindegarn war daher das reißfesteste, das man in der DDR kriegen konnte. Die Bauern haben deshalb nach dem Krieg zur Erntezeit bei uns Schlange gestanden und uns in der schlechten Zeit ein bisschen verwöhnt. Es wurde dann eine 72-köpfige Spinnmaschine gekauft, dazu die ganzen vorgeschalteten Karden und Strecken. Wegen dieses eingegangenen Risikos haben meine älteren Verwandten meinen Vater alle für verrückt erklärt. Aber er hat Bindegarn in die ganze DDR geliefert und hatte die beste Qualität. Er musste sogar sein Geheimnis mit der Knotenquetsche preisgeben, die in Karl-Marx-Stadt mehrmals nachgebaut wurde. Die Grobgarn-Spinnerei bestand bis 1960.

Der Betrieb wurde nach unserem Wegzug nach Oberfranken vom Staat eingezogen und einer Textilfabrik in Olbersdorf zugeschlagen, bis 1990 war dort ein VEB und man hat Industrietextilien hergestellt. Mit etwas Diplomatie konnten wir das Grundstück vom Staat zurückerwerben, für inzwischen 175.000 DM, aber wir haben schon mehr als das Doppelte zusätzlich hineingesteckt.

Dass jetzt die Firma EUROIMMUN in Rennersdorf eine Niederlassung betreibt, die Gebäude wieder so schön hergerichtet werden und eine Wirkungsstätte für hundert Werktätige entstanden ist, hat wieder viel mit Träumereien zu tun. Als Kind habe ich auf dem Weg hinter dem Haupthaus Himbeeren gepflückt, in einem Sommer konnte man dort Krüge füllen,  und dort habe ich von einer großen Himbeerplantage geträumt, in Westdeutschland, wohin wir ziehen wollten, um am großen Wirtschaftswunder teilzuhaben.

Dort 1960 dort angelangt und erst einmal sozial richtig abgestiegen – keiner hieß die Flücht­linge willkommen, konnte man nur noch von seiner Heimat träumen, ich war damals wirklich davon überzeugt, sie im Leben nie wieder zu sehen. Dann war es aber doch möglich geworden, Verwandte in der DDR zu besuchen, zuerst uns Kin­dern, dann auch wieder den Eltern, meistens, wenn jemand aus der Verwandt­schaft verstorben war, und da musste ich beobachten, wie alle paar Jahre die Gebäu­de dort zunehmend verfielen. Einmal erhielt ich einen Platzverweis, etwa 1966, nachdem ich mich bei einem Verwandtenbesuch dort umgesehen hatte. Dann bin ich über den Heideberg auf meinen Weg hinter dem Haupthaus gegangen und habe wieder nur träumen können von einer fernen Zukunft, in der das Kreppel, in dem ich meine Kindheit verbracht hatte, wieder in den Zustand versetzt wird, der ihm gebührt.

Nach der Wende bin ich manchmal aus dem Schlaf erwacht und hing einem Traum nach, in dem die Fabrikgebäude frisch renoviert waren und grüne Bäume sie verzierten, ganz anders als es der Realität entsprach, zum Beispiel aus der Zeit von 1990, als der Schmuck rundum aus Kohlenhalden bestand und die Häuser schon nahe daran waren, ein Opfer der Abrissbirne zu werden.

Es war ein großes Glück, dass gerade im richtigen Augenblick die Firma EUROIMMUN einen Entwicklungsstand erreicht hatte, der ein Engagement in dieses Grundstück erlaubte. Einerseits mussten wir uns etwas vergrößern und haben sowieso mehr Platz benötigt, dann haben wir das Vertrauen mehrerer Sparkassen und Banken besessen und außerdem war immer etwas Gewinn wegzudrücken, den wir sonst hätten versteuern müssen. Staatliche Investitionszuschüsse haben wir zwar auch in Anspruch genommen, die gaben aber nicht den Ausschlag.

Da wir uns seit der Gründung des Unternehmens immer mit Renovierungsmaß­nah­men beschäftigt hatten und zunehmend Übung bekamen, Häuser herzurichten, haben wir also auch in Rennersdorf eine Baumaßnahme nach der anderen durch­ge­führt und erfolgreich abgeschlossen. Dabei geben wir uns viel Mühe, damit jeder, der bei EUROIMMUN tätig ist, auch Freude an der Arbeit hat und es ihm nicht graut, jeden Tag in die Firma zu gehen, in der man doch ein Drittel des Lebens verbringt. Früher litt ich manchmal an Alpträumen, bei denen völlig entgegen meiner Planung und in unzureichender Qualität gebaut wurde. Diese Alpträume sind inzwischen immer seltener geworden. Offenbar hat sich die Realität in meinem Unterbewusst­sein widergespiegelt, dass wir in der Lage sind, hohe architektonische Ansprüche zu erfüllen, anfangs vorwiegend aus eigener Kraft, seit einiger Zeit jedoch unter Mithilfe der professionellen Bauindustrie.

Unsere Geschichte hat gezeigt, dass ein Traum Wirklichkeit werden kann. Das unterscheidet einen Traum von einer Illusion, wie den Sozialismus oder den Kommunismus, für deren versuchte Umsetzung in die Realität wir in unserer Vergan­genheit einen hohen Preis entrichten mußten: Der real existierende Sozialismus war alles andere, als Karl Marx es sich vorgestellt hatte, er hat Ruinen geschaffen, für die unser Kreppel das beste Beispiel ist. Die sozialistische Planwirtschaft konnte Träume nur er­sticken, welche Kraft von Träumen ausgehen kann, das hat sie nicht bedacht. Das Datum des 17. Juni 1953 ist ein Symbol dafür, und man hätte lieber am Feiertag im Juni festhalten sollen, anstelle mit dem Tag der Wiedervereinigung zu tauschen.

In Rennersdorf ist eine Ruine wieder auferstanden – die anfangs in der DDR gespielte und dann wieder aus dem Programm genommene Nationalhymne „Aufer­standen aus Ruinen“ könnte man jetzt wieder einführen, da man ja „Deutschland über alles“ nicht mehr singen darf und will. Dank eines Traumes also, aber auch nur, weil sich so viele mit dafür eingesetzt haben, mit Fleiß, Mühe und Kunstfertigkeit, ist dieses altehrwürdige Gebäude in Rennersdorf wieder neu erstanden.

Ich wünsche Euch allen, dass auch viele Eurer Träume in Erfüllung gehen mögen. Sollte jemand mutwillig Eure Träume zu zerstören versuchen, befreit Euch von ihm, seien es politische Ideologen oder die Kirche, böswillige Ehepartner, Chauvinisten oder kapitalistische Ausbeuter! Haltet an Euren Träumen fest, dann werden viele davon einmal Wirklichkeit.

Wasser predigen, aber Champagner trinken?

Bis über das Agenda-Jahr 2010 hinaus wird die breite Bevölkerung Deutschlands den Gürtel enger schnallen müssen. Wer wird uns fortan im Herzogtum Lauenburg die Hiobsbotschaften und Maßhalteappelle aus Berlin überbringen? Vom nächsten Sep­tem­­­ber an vielleicht nicht mehr die Funktionäre der SPD, sondern Herolde des kon­ser­va­tiven Lagers.

Auf einer Versammlung der CDU stellten sich Anfang Juni in Schwarzenbek fünf Her­ren vor, die für die kommende Bundestagswahl kandidieren wollten. Sie gaben über ihre politischen Ziele Auskunft, wobei einiges mehr oder weniger Belangloses ange­fragt und ebenso vieles Bekanntes geantwortet wurde. Einer der Anwesenden schien jedoch alle guten Formen des Anstandes und der politischen Kultur verges­sen zu haben: Ob denn der eine Bewerber, Urenkel des Reichskanzlers Otto von Bismarck, wirklich die Interessen der Wähler vertreten wolle, da er doch vielleicht eher daran interessiert wäre, eine Familientradition neu zu begründen und Politiker zu werden, aber, sichtbar an seinem großspurigen Lebensstil, nicht die Bedürfnisse der einfa­chen normalen Bürger kenne oder im Auge habe. Unter anderem habe er angeblich drei Jahre lang als Dauergast in einem der teuersten Hotels der Welt in Berlin neben dem Bundestag logiert, um dort auf den Einzug ins Parlament zu warten.

Den pöbelhaften Affront dieses offensichtlich mit Neidkomplexen beladenen Denun­zian­ten musste der Moderator der Veranstaltung selbstverständlich helfen abzuweh­ren: Der Versammlungsleiter rief den Umstürzler unter heftigem Applaus nahezu des gesamten, entrüsteten Publikums zur Ordnung: Er solle sich gefälligst vorstellen und möglichst schleunig wieder hinsetzen.

(Graf Bismarck hat bei der letzten Bundestagswahl in seinem Wahlkreis verloren, er stand aber auf einem guten Listenplatz, der ihm die Aussicht eröffnete, nachzu­rüc­ken, sobald ein in den Bundestag gewählter CDU-Abgeordneter hinweg gestor­ben wäre oder auf andere Weise sein Mandat nicht mehr hätte ausüben können. Obwohl der Graf das Ziel nur so knapp verfehlt hatte, wollte man ihm kein offizielles, öffent­lich finanziertes Büro in Berlin zugestehen, also hat man, auf eigene Rechnung, im gerade wieder aufgebauten Luxushotel Adlon standesgemäß Quartier genommen, gleich neben dem Reichstagsgebäude, um dort dem großen Moment entgegenzu­sehen. Und dieser ist nun mit dem Ausschluss der Grünen aus der Regierung Schles­wig-Holsteins wirklich gekommen: Peter Harry (so Bismarck) ist Ministerpräsident geworden, und hat dem gräflichen Urenkel den Stuhl in Berlin freigemacht. Das Adlon ist laut FAZ vom 26. Juni 2005 das zweitteuerste Hotel Deutschlands, die Übernachtung kostet im Durch­schnitt 237 EURO, unter Einbeziehung auch der bescheideneren Zimmer. Hier hat sich Bismarck bestimmt ausführlich Gedanken darüber gemacht, wo den Rentnern von ihrem Überfluss noch etwas abgezwackt und den Massen kurzfristig unbeschäf­tig­ter, aber trotzdem im Genuss eines regelmäßigen Einkommens stehender Ruhr­kum­pel der Luxus ein wenig verkürzt werden kann oder wie es gelänge, dem Heer einfacher Arbeiter einige Bequemlichkeiten abzugewöhnen und sie mit den Tarifen und Arbeitsbedingungen des nahen und fernen Ostens unserer schönen globali­sier­ten Welt näher vertraut zu machen – mit dem Ziel, den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen und dem internationalen Wettbewerb die Stirn zu bieten.)

Bismarck hat zuerst in die Richtung geantwortet, der Graf sei nur kurzfristig im Adlon einquartiert gewesen, etwas später meinte er aber, 500 Euro pro Nacht hätte er nicht bezahlen müssen, da ihm ein Rabatt eingeräumt worden sei – allerdings, wie man sieht, Argumente nach Bedarf und Beliebigkeit, da man Rabatt in der Regel nur bei Bezug pluraler Quantitäten oder Leistungen erhält, und nicht, weil man Politiker werden möchte. Manchmal erhält man Vergünstigungen auch, weil man schon Politiker ist: An einen fürstlichen Aufenthalt im Adlon werden sich auch der vorletzte Präsident der Deutschen Bundesbank Ernst Welteke und seine Familie dankbar erinnern. Bismarck hat diese unerhörten Äußerungen elegant zu seinem Vorteil umgemünzt und für seine Repliken immer wieder tüchtigen Beifall kassiert.

Aus nur kürzester Bekanntschaft kann der Verfasser gleich mehrere weitere Beispie­le der Beliebigkeit des noblen Herren zum besten geben: Vor drei oder vier Jahren hatte sich der Urenkel im Groß Grönauer Ortsverein der CDU vorgestellt, als Fürst Bismarck (was ihm namensrechtlich nicht zusteht, auch nicht seinem Vater, der seinen Vornamen Ferdinand geschickt mit „F.“ abkürzt) und neuer Kandidat für den Bundestag. Am selben Abend probte der Männerchor im Saal nebenan, und Bis­marck bat darum, sich den Sängern vorstellen zu dürfen. Und wo denn vielleicht der Schuh drücke: Der Flughafen möge bitte nicht weiter ausgebaut werden und dem bulgarischen Chorleiter solle nach Abschluss seines Studiums an der Lübecker Musik-Hochschule die Einbürgerung in Deutschland ermöglicht werden. Ohne lange zu überlegen, und von den Positionen seiner Partei deutlich abrückend, versprach der Kandidat, sich für beide Anliegen gerne einzusetzen. Die Herzen flogen ihm zu, und allenfalls Kleingeister hätten davon gesprochen, der angehende Politiker wollte sich beim Wählervolk einschmeicheln, um seine bevorstehende Karriere zu be­schleu­nigen. Vielleicht hat er seine Prinzipien bloß kurz vergessen – man kann aber auch nicht ganz ausschließen, dass er solche ablegt, sobald sie ihn bei der politi­schen Entfaltung stören. Exponenten der Groß Grönauer CDU haben sich ja eben­falls gegen den Ausbau des Lübecker Flughafens oder die Realisierung der Auto­bahn stark gemacht oder es unterlassen, diese Projekte offen zu unter­stützen, blind für deren wirtschaftliche Notwendigkeit, nur um sich beliebt zu machen.

Inzwischen mundtot, konnte sich der Abweichler der Schwarzenbeker Veranstaltung nun einiges durch den Kopf gehen lassen: Auch in einer Demokratie scheint es bei Stellenbesetzungen mehr auf den äußeren Schein oder auf die mediale Wirksamkeit anzukommen als auf Charakterstärke, Fleiß, Intelligenz und humanitäre Visionen. Ein­mal im Rampenlicht, mit einem geläufigen Namen, braucht man den Leuten nur noch ein wenig nach dem Mund zu reden. Mit der Vereinnahmung des Trägers eines fürst­lichen Namens stellt sich die CDU auf Augenhöhe mit der Regen­bogen­presse, die vom Hang der Einfältigen unseres Volkes profitiert, ver­meint­lich höhere Gesell­schaftsschichten anzubeten (weshalb dieser anachroni­sti­sche Adels­unfug bei uns nicht aus der Welt zu schaffen ist), oder mit der Mineral­wasser­firma, die für jedes Eti­kett mit dem berühmten Namen seines Urgroßvaters im Schilde eine bestimmte Anzahl Cents auf das gräfliche Konto leitet (womit vielleicht die Herberge in Berlin ab­ge­funden wurde). Aber bei dem schwachen Anklang, den die CDU in den Jahren nach Barschel in Schleswig-Holstein gefunden hat, greift man nach jedem Strohhalm.

Auf der Versammlung in Schwarzenbek wurde jedenfalls dem Nörgler das Wort abgeschnitten und er konnte gar nicht alle seine Bedenken äußern. Aber allein was ihm zur Sprache zu bringen gelang, war gar nicht so abwegig: Bei mehreren Gele­gen­heiten, einem geneigteren Publikum zu Gehör gebracht, hat er sogar vorwiegend Zustimmung erhalten. In einer Volkspartei wie der CDU findet sich trotz aller konser­va­tiver Grundeinstellung bestimmt noch ein kleiner Spielraum, wenigstens ein schma­les Spektrum an Meinungen – bei einer freien Erörterung hätte daher doch ein gewisser Prozentsatz der Anwesenden, sagen wir einmal 75%, die Sorgen des Auf­rührers ernst genommen. Der Saal ist jedoch durch die Moderation des Vorsitzenden auf Linie gebracht worden (der Protegierte wird sich zu gegebener Zeit wohl­wollend erinnern, und ihn auch bei der nächsten Einladung aufs Schloss nicht vergessen!).

Soeben ist man ja mit seinen Freunden in Kiel ans Regieren gekommen (im Sieges­tau­mel vergisst man schnell die ausschlaggebende Schützenhilfe der SPD aus Berlin), und wenn sich die Mehrheitsverhältnisse bald noch ein wenig verbes­sern, braucht man die Regeln der Demokratie vielleicht gar nicht mehr zu beachten. Dann kommt einer vielleicht wieder in Lebensgefahr, wenn er sagt was er denkt und gegen die Mehrheit Stellung bezieht. Für den Abweichler fand sich jedenfalls vor den neuen Hohepriestern kein einziger Fürsprecher, wie immer, wenn es darauf ankommt – aus Feigheit vor der Masse, oder aus Sorge um die Stellung in der Partei.

Bei der Auswahl politischer Repräsentanten müsste sich jeder ein genaues Bild von ihnen verschaffen können, das über den äußeren Anschein hinausgeht. Die Kandi­da­ten müssten es sich gefallen lassen, dass man über ihre Qualitäten frei diskutiert, ohne Druck, unlautere Einflussnahme oder Bevormundung durch eine Clique. Man erfährt aber nicht einmal die Schulnoten der Bewerber und bekommt keine Arbeits­zeug­nisse oder andere Belege des Könnens hergezeigt. Auch keinen Auszug aus dem Vorstrafenregister der Kandidaten (oder ihrer Verwandtschaft, sofern die Kandi­da­tur durch verwandtschaftliche Beziehungen legitimiert wird, wie in diesem Fall). Als ob es bei der Bundestagswahl um eine belanglose Besetzung ginge! Kein Wunder, dass da keine akzeptable Politik herauskommt und alle nur auf der Stelle treten. Wenn bei EUROIMMUN das Führungspersonal genauso nachlässig und inkompetent oder protektionistisch (eine Hand wäscht die andere) ausgesucht würde, könnten wir nicht auf eine so erfolgreiche Firmenentwicklung zurückblicken. Bei uns muss jeder Bewer­ber alle Zeugnisse vorlegen, und er wird von Experten bis ins Kleinste ausge­fragt, und nicht von Dilettanten ausgewählt, wie bei einem Verein von Kleingärtnern.

Das wäre doch ein Rezept für die Demokratie, zur Auflösung ihres ewigen Dilemmas der Inkompetenz und zur Überwindung des Mittelmaßes: Die Abgeordneten-Stellen werden ausgeschrieben wie Führungspositionen in Universitäten oder Industrie­be­trie­ben. Ein unabhängiges Expertengremium stellt die Qualität der Bewerber nach objektiven Kriterien sicher, selegiert mehrere Kandidaten und präsentiert sie dem Wählervolk, bevor dieses die Stimmen abgibt.

In Schwarzenbek sah es eher so aus, dass sich eine Clique schon auf den Wunsch­kandi­daten festgelegt hatte. Um die Formen der Demokratie zu wahren, wurden ein paar chancenlose Alternativen vorgeschoben. Und niemand durfte durcheinander bringen, was so schön eingefädelt war! Einer der fünf Bewerber, der dieses üble Spiel im letzten Augenblick ebenso wie der Verfasser durchschaut hatte, ist auch gleich resigniert von seiner Alibi-Funktion zurückgetreten.

Es ist anzunehmen, dass der Querulant diesem Kreis bald entsagen wird, damit es ihm nicht auch noch angelastet werden kann, dass sich die CDU demnächst viel­leicht sogar mit waschechten Aristokraten arrangiert und einen Hohenzollern aus dem Hut zaubert: Wir woll’n den alten Kaiser Wilhelm wieder haben! Aber bitte nicht schon wieder eine Zangengeburt: Da könnten wir auch Rot/Grün weiter regieren lassen.

Lübeck, 2005